Keine Ameisen auf Twitter

Keine Ameisen auf Twitter
Ein Lob auf die TweetDeck-Suchspalte

Zwölf Jahre. So lange ist es her, dass ich mich auf Twitter – und auch auf Facebook – angemeldet habe. Am 25. Februar 2009 ging es los – und schon ein halbes Jahr später begann dieser Blog, der Sie immer noch regelmäßig mit mehr oder weniger sinnvollen und/oder lustigen Meldungen erfreut respektive nervt.

Manchmal frage ich mich selbst, woher alle diese Themen und Ideen eigentlich kommen. Und ehrlich gesagt, es wird auch immer schwieriger, nochmal was Neues zu finden. Eines hilft mir dabei wirklich sehr: Das Tool TweetDeck von Twitter. Früher ein eigenständiges Programm, wurde die Software vor etlichen Jahren von Twitter aufgekauft und steht nun allen Twitter-Nutzer*innen unter tweetdeck.twitter.com zur Verfügung. Hier können Sie nach Herzenslust Spalte neben Spalte anlegen und den Inhalt mehr oder weniger frei definieren: Eine (eigene oder fremde) Liste bzw. die Tweets der darin enthaltenen Accounts anzeigen. Einem oder mehreren Accounts eine eigene Spalte gönnen. Geplante Tweets anzeigen. Oder eben: Alle Tweets anzeigen, die bestimmte Suchbegriffe enthalten. Kleiner Tipp am Rande: Sie können da auch nach Domains suchen lassen und erhalten dann alle Tweets angezeigt, die auf Ihre eigene Homepage verweisen. Das einzige, was ich bisher noch nicht gefunden habe: Einen extremen Breitbild-Monitor ungefähr im Bildverhältnis 200:1, um alle meine Spalten (21 Stück sind es derzeit) wirklich nebeneinander sichtbar machen zu können.

Neben Suchen nach ein paar für mich wichtigen Begriffen und meinem Heimatort ist vor allem eine Spalte wichtig geworden: Die Suche nach „Kirche“. Es ist allerdings ein klein wenig komplexer. Genauer gesagt, suche ich nach „Kirche“ ohne die Begriffe "im Dorf", Ameisen, Baugeld, Garage sowie ein paar ausländische (japanische?) Accounts, die den Begriff „Kirche“, offenbar in einer andere Sprache, des öfteren beinhalten.

OK, „im Dorf“ ist irgendwie klar. Lassen wir die Kirche mal im Dorf. „Baugeld“ könnte ich vermutlich inzwischen streichen – vor einigen Jahren gab es da eine regelrechte Spam-Welle mit dieser Wortkombination. Aber Ameisen? Ja, wirklich. Sie glauben gar nicht, wie oft auf Twitter dieser Witz gepostet wird:

Warum gehen Ameisen nicht in die Kirche? Weil sie In-sekten sind.

Ich habe ihn auch ausschließlich mit Ameisen gesehen. Nie mit Schaben, Bienen, Grashüpfern oder sonstwas. Aber eben doch beinahe täglich.

Das andere Zitat, das durch „Garage“ unterdrückt wird, ist dieses:

„Wer glaubt, ein Christ zu sein, weil er die Kirche besucht, irrt sich. Man wird ja auch kein Auto, wenn man in eine Garage geht.“ (Albert Schweitzer)

Auch das kommt nahezu jeden Tag. Seit Jahren. Wobei ich noch nie überprüft habe, ob das Zitat wirklich von Albert Schweitzer stammt.

Mal abgesehen von diesen ausgefilterten Begriffen, ist es oft sehr interessant, was da so gepostet wird. Sobald die (meist katholische) Kirche mit negativen Meldungen Schlagzeilen macht, häufen sich die Tweets „ich trete jetzt aus der Kirche aus“. Das macht manchmal schon sehr traurig, zu lesen, wie enttäuscht Menschen von „ihrer“ Kirche sind. Ab und zu antworte ich auch mal auf einen Tweet, manchmal ergeben sich ganz gute Konversationen. Ein zweiter Austrittsgrund – dann stärker auf die evangelische Kirche bezogen – ist der Ärger über die gefühlt „grün-linke“ Ausrichtung der evangelischen Kirche. Da hilft es dann auch nicht, zu argumentieren, dass „Bewahrung der Schöpfung“, „Gerechtigkeit“, Armutsbekämpfung usw. genuin christliche Themen sind und der konziliare Prozess der Kirchen mit „Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung“ zwar erst 3 Jahre nach Gründung der Grünen startete, die Themen aber schon Jahrzehnte davor in den Kirchen behandelt und besprochen wurden.

In Zeiten ohne negative Kirchenschlagzeilen steht in meiner Tweetdeck-Suchspalte aber wirklich alles mögliche, Kraut und Rüben. Schönes, Lustiges, Trauriges, Nachdenkliches. Kirchenpolitisches und manchmal auch Theologisches. Manchmal auch nur „der Bus 76 kommt an der Haltestelle Kirche 4 Minuten später an“. Aber vor allem: Sehr, sehr viele schöne und oft auch schräge Meldungen, die dann in diesen Blog einfließen.

Gerade ist mal wieder Negativkirchenschlagzeilenzeit. Drum fehlen mir die schönen und schrägen Themen, die unter den ganzen Austrittstweets untergehen. Dann müssen Sie halt mit so einem allgemeinen Beitrag wie diesem hier vorliebnehmen. Oder gucken Sie doch einfach mal selber auf Twitter. Geht auch ohne Tweetdeck. https://twitter.com/search?q=kirche

weitere Blogs

Regenbogengottesdienst  in Adventszeit
Ein Gedicht zum Heiligen Abend aus queerer Perspektive nicht nur für queere Christ:innen.
Warum Weihnachten hinter einer Mauer liegt und was sie überwinden kann.
G*tt ist Körper geworden. Was für eine Gedanke! Birgit Mattausch geht ihm nach.