Stille Nacht, heilige Nacht! Etwas ist es schon her, dass wir diese Lieder gesungen und uns im Kreise der Liebsten in stiller Eintracht um den duftenden Weihnachtsbaum versammelten. Flackernde Kerzen, funkelnde Lichtchen, strahlende Kinderaugen, Geschenke, Freude allüberall, leckeres Essen. OK, gut, ich übertreibe mal wieder. Ein solch idealisiertes Weihnachtsfest hat es wohl kaum irgendwo gegeben. Irgendwas ist ja immer.
Na ja, aber der Baum! Der hat uns an vielen Orten durch den Winter begleitet. Doch spätestens am Vorabend des gemeindlichen Abholtermins flog er dann schnöde auf die Straße und der Alltag kehrte wieder ein. Mancherorts bleibt er aus Prinzip noch bis Lichtmess stehen, also bis zum 2. Februar. Egal, ob noch Nadeln dran sind oder nur noch ein Gerippe zu sehen ist. Aber dann – raus damit! Bis zum nächsten Jahr!
Meine Schwester und ich wollten das als Kinder nicht akzeptieren. Und da unsere Eltern den Baum immer kurz vor Heiligabend ganz frisch holten, gab es auch keinen nadlungsbedingten Anlass, ihn so bald wieder loszuwerden. Wir weigerten uns einfach, ihn abzuschmücken – und so blieb er wohl des Öfteren bis weit in den März oder gar April hinein einfach im Wohnzimmer stehen. Und bescherte unseren Eltern ein ganz besonderes Problem: Wie jetzt noch dieses Ding entsorgen, ohne dass die Nachbarn das mitbekommen? Das ist doch peinlich, wenn im März der Weihnachtsbaum raus kommt … Ob sie extra dafür den Gartenshredder angeschafft haben oder ob er noch anderen Zwecken diente, entzieht sich meiner Kenntnis. Jedenfalls wanderte der Baum stückweise da hinein und bekam dann noch ein zweites Leben als Kompost.
Der Stadt Weimar dagegen ist offenbar nichts peinlich daran. Die fanden den Baum so schön und den Marktplatz ohne Baum so leer, dass sie kurzerhand einen neuen Rekord aufgestellt haben: Noch zwei Wochen länger als letztes Jahr! Am 28. Februar wurde der große Baum gefällt und ist damit der am längsten stehende Weihnachtsbaum Thüringens. Aber nicht Deutschlands! Möglicherweise haben wir Kinder damals ja tatsächlich einen Guinness-trächtigen Rekord geschafft, ohne es auch nur zu ahnen.
Für Weimar hätte ich dann noch eine Idee. Wenn der Marktplatz ohne Bäume so leer aussieht – es gibt da auch Varianten, die man einmal in die Erde setzt und die dann einfach das ganze Jahr da bleiben. Könnte man mal drüber nachdenken. Ein paar Monaten sind dafür noch Zeit.
Frohe Weihnachten!