Wahlpsalmkampf

Wahlpsalmkampf
Die US-Wahlen werden biblisch.

Auch in den deutschen Nachrichten ist der Wahlkamp in den USA derzeit eines der Top-Themen. Stärker noch als sonst geht es, so sehen es viele, um eine Richtungsentscheidung, die die Politik der ganzen Welt bestimmen wird. 

In den letzten Tagen machte in den sozialen Medien ein Foto von einem Autoaufkleber die Runde, das zunächst aussieht wie Wahlwerbung für US-Präsident Trump: „Pray for Trump!“ - Betet für Trump, stand groß darauf. Und darunter: Eine Bibelstelle. Psalm 109,8. Wird schon irgendwas Passendes sein, denkt man sich. Trump-Anhänger freuen sich, viele von ihnen sind ja auch  Christen. Doch nur, wer tatsächlich in der Bibel nachschlägt, erfährt wie das gemeint ist. Da steht nämlich:

„Seiner Tage sollen wenige werden, und sein Amt soll ein andrer empfangen.“

Gut, so kann man natürlich auch beten. Gemeint ist sicher nicht, seine Lebenstage sollen wenige sein (was der Psalm ursprünglich ausdrücken wollte) – seine Tage als Präsident aber schon. Da es ja aber viele nicht so genau hinsehen, haben sich offenbar Gegner von Trump das zunutze gemacht – und sammeln unter der Domain www.pray-for-trump-psalm-109-8.com Spenden. Für … äh, dafür, dass seine Tage weniger werden. Im Blog der Seite findet man dann auch sehr viele Beispiele dafür, dass Trump nach Meinung der Seitenbetreiber kein geeigneter Kandidat ist. Der letzte Eintrag ist allerdings schon von Februar 2020.

Ob es nun so fair und auch christlich ist, Fans von Trump derart hinters Licht zu führen? Sollten wir nicht besser ehrlich miteinander umgehen? Angesichts der vielen nachgewiesenen Unwahrheiten und bewussten Lügen von Präsident Trump selbst wird das Mitleid mit denen, die hier tatsächlich für „Trump“ spenden, wohl eher gering ausfallen.

Wer da nun Spenden sammelt – das ist nicht so ganz klar. Es ist lediglich eine Adresse in Washingten D.C. angegeben. Vermutlich gehen die Spenden an den Wahlkampf von Trumps Wahlkampfgegner Biden. Vielleicht aber auch für irgendwas ganz anderes. „Ihre Spenden helfen uns, unsere Ziele zu erreichen und Bedingungen zu verbessern.“ Das könnte auch heißen: „Wir Seitenbetreiber würden gerne vier Wochen Luxusurlaub machen.“ Spenden würde ich, wenn ich spenden würde, dann doch eher an einer anderen Stelle.

Aber in jedem Fall: So können wir doch alle für Trump beten. Egal, ob wir ihn gut finden (dann halt eine andere Bibelstelle) oder darauf hoffen, dass seine Tage als Präsident wenige werden.

Wie es ausgeht, werden wir ja hoffentlich bald wissen. 

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