Es muss etwas geschehen: Das Dorfauto

Es muss etwas geschehen: Das Dorfauto

„Es muss etwas geschehen!“ - so ruft Alfred Wunsiedel, Fabrikbesitzer, regelmäßig in der gleichnamigen Erzählung von Heinrich Böll. Und seine Angestellten antworten voller Tatendrang: „Es wird etwas geschehen!“ Wahlweise auch: „Es hätte etwas geschehen müssen“ oder zur Abwechslung mal einfach „Tun Sie etwas!“ Eine der wirklich sehr amüsanten Kurzgeschichten Bölls, die wirklich unbedingt lesenswert sind. (Leider konnte ich nicht herausfinden, wo sie aktuell käuflich zu erwerben ist. Google-Kundige finden sie jedoch durch Suche nach „Böll Es muss etwas geschehen“ sehr leicht, aber für deutsche Nutzer vermutlich höchst illegal auf den Servern einer US-amerikanischen Universität.)

Während in Bölls handlungsstarker Geschichte es völlig irrelevant ist, was da eigentlich hergestellt wird – der Erzähler merkt erst nach dem Ende seiner Tätigkeit, dass er sich nie dafür interessiert hatte und schließt mit „Es wird wohl Seife gewesen sein“ – ist es heute für viele Christen und auch viele Kirchengemeinden nicht egal, was geschieht. Es muss etwas geschehen, sagen sie. Und: Es wird etwas geschehen, aber nur, wenn wir es anpacken. Darum ab heute in loser Folge ab und zu in diesem Blog: Was Kirchengemeinden tun, wo etwas geschieht, wo sie etwas bewegen – ob im sozialen Bereich, in Sachen Umwelt oder Gerechtigkeit oder an so vielen anderen Stellen.

Den Anfang macht heute die kleine Kirchengemeinde Gnötzheim im Landkreis Kitzingen. Grob gesagt: Bei Würzburg. Diese Kirchengemeinde reagiert auf die Bedrohung unserer Umwelt ganz konsequent: Sie hat ein Auto angeschafft. Warum das ökologisch sinnvoll sein soll? Ganz einfach: Es bringt den Car-Sharing-Gedanken da hin, wo er eigentlich viel sinnvoller ist als in der großen Stadt: Ins Dorf. Seit Jahrzehnten gibt es ja schon Versuche, gemeinsam genutzte Autos einzuführen, die man stundenweise buchen kann. Den wirklich durchschlagenden Erfolg hatten diese Initiativen bisher nicht. Und nun in einem kleinen Dorf? Wie könnte das funktionieren?

Vielleicht gerade da. Denn: Ohne Auto geht hier gar nichts. Der Bus fährt so ungefähr einmal in jedem ungeraden Jahr. Wenn man dann zwei Jahre in der Stadt campiert, kann man mit dem nächsten Bus nach dem Einkaufen auch wieder nach Hause fahren. Vor Ort gibt es aber kaum noch alles, was man so zum Leben braucht. Also kann man entweder eine Kuh aus dem Stall entwenden und auf ihr reiten (sofern es noch Kühe gibt), mit dem Mähdrescher oder dem Traktor in die Stadt fahren – oder aber eben mit dem Auto.

Das gilt aber nicht nur fürs Einkaufen, sondern auch für die Fahrt zur Arbeit. So geht auf dem Dorf der Trend zum Zweit- oder sogar zum Drittauto. Und diese Zweit- und Drittautos sind oft nur ganz kurze Strecken unterwegs, und das auch nur ein, zwei Mal in der Woche. Was bietet sich da Besseres an als ein geteiltes Auto – am besten noch elektrisch, natürlich mit Ökostrom.

Das Kennzeichen ist natürlich sehr gut gewählt: KT-DA 252. DA steht für Dorfauto. 252 ist die Telefonnummer des Pfarramts, unter der man das Auto buchen kann (selbstverständlich geht das auch übers Internet). Ja, liebe Städter: In den vorsintflutlichen Zeiten, als Kommunikation, wenn überhaupt, noch per Steinwurf oder Brief stattfand, waren die Pfarrämter technische Vorreiter und nach den Rathäusern oft die ersten mit einem eigenen Telefon. Auf dem Land, wo sich keiner mehr als 1000 Telefonanschlüsse vorstellen konnte, sind ihnen meist die dreistelligen Telefonnummern bis heute geblieben.

Nun wird also etwas geschehen: Jeder und jede mit Führerschein kann das Dorfauto buchen. Und es ist gar nicht so teuer. Vermutlich sogar günstiger als eine Busfahrkarte in die Stadt. 2 Euro pro Stunde und 25 Cent pro Kilometer inklusive Benzin. Aus dem angestrebten Ökostrom-Auto ist dann nämlich aus Praktikabilitätsgründen doch nichts geworden, so steht es im Zeitungsartikel. Aber auch mit Benzin: Ein guter Ansatz für einen schonenderen Umgang mit den Ressourcen, die unsere Welt uns bietet. 

In jedem Fall: Es wird etwas geschehen. Und das ist gut so. Viel Erfolg!

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