Letzte Woche habe ich dazu aufgefordert: Geht aufeinander zu. Habt keine Angst vor dem, der anders ist. Fast hätte man den Eindruck bekommen können: Es ist völlig egal, was jemand tut oder nicht tut. Was seiner oder ihre Überzeugungen sind. Wofür sich andere einsetzen und wofür nicht. Hauptsache: „Ich bin ok, du bist ok, und wir haben uns alle lieb.“.
Ja, ich weiß: Diese Einstellung gibt es tatsächlich, gerade auch unter Christen. Hat Jesus nicht die Friedfertigkeit vorgelebt? Ist er nicht wirklich auf alle zugegangen, ohne Ausnahme, und hat ihnen gesagt, dass Gott sie liebt? Müssen wir das nicht genau so tun?
Ja, es gibt sie: Die Wischiwaschichrischten. Die, denen alles eigentlich egal ist, Hauptsache, sie haben ein offenes Herz für jeden und keinen Streit. An der Supermarktkasse findet man sie ganz hinten in der Schlange, weil sie jeden vorlassen. Bei Podiumsdiskussionen finden sie die konträr vorgetragenen Positionen beide absolut toll und einleuchtend. Alle leihen sich gerne bei ihnen Geld, denn zurückzahlen muss man's ja erst am Jüngsten Tag. Mit ihnen zu diskutieren fällt schwer, weil sie einem ständig Recht geben und gar keine eigene Meinung haben. Hauptsache Frieden.
War Jesus wirklich so? Nein. Ganz bestimmt nicht. Ja: Er ist auf alle zugegangen. Ja: Er hat keine Bedingungen gestellt, wie jemand zu sein hat. Aber er hat auf keinen Fall alles gut geheißen, was seine Zeitgenossen getan, gesagt und geglaubt haben. Im Gegenteil: Er muss eine ganze Menge Streitgespräche geführt haben. Den Menschen, mit denen er redete, oft schonungslos wahrhaftig ihr eigenes Leben vor Augen geführt haben. Mit den Schriftgelehrten und Pharisäern hat er oft gestritten. Aber auch zum Beispiel dem Zöllner Zachäus gezeigt, dass sein Leben nicht dem Willen Gottes entsprach. Und im Jerusalemer Tempel hat ihn einmal wegen der Missstände dort so der Zorn gepackt, dass er die Händler eigenhändig hinausgejagt hat.
So, glaube ich, muss Christentum sein. Offen und einladend. Aber auch wahrhaftig und auf Gerechtigkeit bedacht. Im Einsatz für die, die benachteiligt sind. Im Einsatz für eine unverfälschte Botschaft von der Liebe Gottes, die für alle gilt. Im Einsatz letzten Endes dann auch wieder für Frieden. Aber nicht so einen billigen Frieden wie bei den Wischiwaschichrischten. Sondern einen Frieden, um den täglich neu gerungen werden muss.
Im Blick auf Harry Potter, von dem letzte Woche die Rede war, heißt das für mich: Ja, ich kann diese Geschichten genießen. Ich kann mich da hineinversetzen. In diese Welt eintauchen. Aber ich weiß auch: Es ist nur Fiktion. Eine Geschichte. Manche sagen das auch von meinem Glauben, er sei nur eine Fiktion, eine Geschichte. Doch da bin ich gänzlich anderer Meinung. Und werde unverdrossen weiter erzählen von der Liebe Gottes, die alles andere ist als Wischiwaschi.
Wischiwaschichrischtendischtanzierungsschtatement:
Ich bitte alle um Entschuldigung, die in ihrem jeweiligen Dialekt wirklich „Chrischten“ sagen. Sie sind nicht gemeint. Aber der Wortkreation „Wischiwaschichrischten“ konnte ich einfach nicht widerschtehen.