In München ist Kirchentag. Ich bin zwar leider nicht dabei, aber eine Erinnerung an den Ruhrgebiets-Kirchentag von 1991 kam in diesen Tagen wieder in mir hoch. Davon möchte ich heute erzählen.
Wir – ehrlich gesagt, so ganz genau weiß ich nicht mal mehr, wer „wir“ alles war, jedenfalls waren etliche Theologiestudierende dabei – hatten manches zusammen erlebt auf diesem Kirchentag. Am Sonntag war Zeit für den Abschlussgottesdienst – aber wir hatten irgendwie keine große Lust auf so eine riesige Veranstaltung. Wir wollten lieber was Kleines, Feines. Irgendwann war der Entschluss gefasst: Wir fahren in die Stadt und gehen in die nächste Kirche, die grade bimmelt. Da wird's ja am Sonntagmorgen in der Innenstadt (ich weiß nicht mal mehr, welche Innenstadt) einige geben.
Gesagt, getan. Wir mussten auch überhaupt nicht lange warten. Das mit dem Bimmeln erledigte praktischerweise gleich die erste Kirche für uns, an der wir vorbeikamen. Nichts wie rein. Ein bisschen komisch kam es uns schon vor: Die ersten Reihen vor allem mit Frauen mittleren bis älteren Semesters gefüllt, aber irgendwie sahen die anders aus. Wir setzten uns etwas weiter nach hinten. Es roch leicht nach Weihrauch, aha, also ein katholischer Gottesdienst.
Orgelspiel. Der Priester trat ein. Fing an zu reden – und wir verstanden: nichts. Es dauerte eine Weile, bis wir zumindest den Klang der Sprache soweit analysiert hatten, dass wir uns ziemlich sicher waren: Italienisch. Also gut. Unser Abschlussgottesdienst des evangelischen Kirchentags ist nun also katholisch und in italienischer Sprache. Irgendwie fanden wir das doch erheiternd. Und da wir ja alle mal Latein hatten, kam uns doch das eine oder andere Wort bekannt vor.
Viel schöner aber war: Es war ein ganz klassischer katholischer Gottesdienst. Und der Ablauf zumindest der bayerischen evangelischen Gottesdienste, wie wir sie kannten, unterscheidet sich wirklich nur im Detail davon. Es gibt halt kein Ave Maria, aber das war's dann auch schon fast. So wussten wir eigentlich immer genau, wo wir gerade im Ablauf waren. Sprachen das Glaubensbekenntnis mit (oder was wir dafür hielten), beteten das Vaterunser, natürlich auf Deutsch.
Für mich war das, ganz ungeplant, ein tiefgreifendes ökumenisches Erlebnis auf diesem evangelischen Kirchentag. Diese Erfahrung: ich kann einen katholischen Gottesdienst sogar dann mitfeiern, wenn ich kein Wort davon verstehe.
Beschwingt und italienisch-katholisch gesegnet, fuhren wir nach Hause von diesem Kirchentag. Und haben es nie bereut, dass wir nicht zum großen Abschlussgottesdienst gegangen sind.