Mt 15, 21 Jesus machte sich wieder auf den Weg und zog sich in das Gebiet von Tyrus und Sidon zurück. 22 Da kam eine kanaanäische Frau aus jener Gegend und rief: »Herr, du Sohn Davids, hab Erbarmen mit mir! Meine Tochter wird von einem Dämon furchtbar gequält.« 23 Aber Jesus gab ihr keine Antwort. Schließlich drängten ihn seine Jünger: »Erfüll ihr doch die Bitte, sie hört ja nicht auf, hinter uns herzuschreien!« 24 Er aber entgegnete: »Ich bin nur zu den verlorenen Schafen des Volkes Israel gesandt.« 25 Da kam die Frau näher, warf sich vor Jesus nieder und bat: »Herr, hilf mir!« 26 Jesus wehrte ab: »Es ist nicht recht, den Kindern das Brot wegzunehmen und es den Hunden vorzuwerfen.« – 27 »Das stimmt, Herr«, erwiderte sie, »aber immerhin fressen die Hunde die Brotkrumen, die vom Tisch ihrer Herren herunterfallen.« 28 Da sagte Jesus zu ihr: »Frau, dein Glaube ist groß! Was du willst, soll geschehen.« Von diesem Augenblick an war ihre Tochter gesund.
Ich mag an dieser Geschichte:
Eine Frau, die nicht zum jüdischen Volk gehört, bekehrt Jesus. Er fühlt eine Mission in sich zu den eigenen Leuten hin, das sind die gläubigen Juden seiner Zeit, das Volk Israel - das ist die jüdische Geschichte, die Erwartung der Leute auf einen Messias, der Elend mildert. Wie jemand, der in der Schule spürt, hier stimmt gar nichts, die Gesetze nicht, die Lehrenden nicht, die Lernenden sind unglücklich. Und dann beginnt von einer anderen Art von Bildung zu träumen, einen neuen Schultyp gründet oder ein ganzes System oder Freiwillige, die sich was Neues trauen auf unbegangenem Gelände. So ähnlich hat Jesus wohl seine Gesellschaft mitsamt ihrer religiösen Kultur erlebt: Stark renovierungsbedürftig, weil eher starr und leblos. Starke Worte ohne reale Taten. Hohles Gerede. Das hat einige Leute aufgeweckt – sie suchten seine Nähe.
Dass nun andere als seine eigenen Mitbewohner/Mitschüler, also diese Frau aus dem Nachbarland, die nicht jüdisch glaubte, auch was kriegen wollen von ihm, das weist er von sich. Kann man erstmal verstehen, wenn einer so super-eifrig für eine neue Sache eintritt und zwar da, wo er den Missstand sieht. Ich finde das bisschen borniert. Als wäre er ein Clan-Chef und nur für die eigenen Leute geboren.
Aber indem sie sich ihm in den Weg schmeißt, macht sie ihm klar: Was du kannst ist für alle da. Sie macht das irgendwie penetrant und bescheiden zugleich. Penetrant, weil es um ihre Tochter geht. Sowas würde deine Mutter auch für ihre Kinder machen. Und bescheiden, weil sie ihre Rolle als Ausländerin angemessen einschätzt: Mehr als Krümel von Jesus sind erstmal nicht drin. Das macht sie ganz schlau.
Für Jesus ist es ein Quantensprung. Ab da versteht er sich als Mensch für alle Menschen, nicht nur für seinen Schultyp.
Ich merke bei mir, wie verbohrt ich (wie Jesus) manchmal auf ein Ziel gucke und denke, da MUSS ich hin. Und wie mir ein Zwischenfall zeigt: Moment, vielleicht geht’s noch um was anders. Ich will schnell ankommen, der Reifen platzt, und ich lerne die Liebe meines Lebens kennen - im Radladen.