"Gotteskinder"

Dr. José Calvo Tello
SCW
Dr. José Calvo Tello
Interview mit José Calvo Tello zum Kinofilm "Gotteskinder"
"Gotteskinder"
"Gotteskinder" - Gedanken von José Calvo Tello zu einem Kinofilm über Schwulsein im evangelikalen freikirchlichen Kontext.

„Jedes Kind und jeder junge Erwachsene kann etwas Ähnliches erleben – auch in einer ganz okay evangelikalen Gemeinde!“ 
(Dr. José Calvo Tello)

Ich kenne José Calvo Tello von einem Vortrag über queere Theologie vor etwa zwei Jahren. Seitdem sind wir in Kontakt geblieben. Daher duzen wir uns. In diesem Interview berichtet José von seinen Gedanken und Gefühlen über den Kinofilm „Gotteskinder“ von Frauke Lodder.

Kerstin: Erzähle doch bitte erstmal etwas über dich!

José: Jetzt bin ich nervös. Was soll ich sagen? Ich bin José, 37 Jahre alt, geboren in Spanien, aufgewachsen in einer konservativen freikirchlichen Familie in Spanien, seit ca. 15 Jahren in Deutschland, arbeite in der Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen, verheiratet mit einer Frau, Vater. Ach ja, wichtig in diesem Zusammenhang: Ich bin bisexuell. Fehlt etwas? Waren das zu viele Informationen?

Kerstin: Du hast den Film Gotteskinder der Regisseurin Frauke Lodders gesehen. Worum geht es in dem Film?

José: Es ist die Geschichte zweier Kinder aus einer konservativen, freikirchlichen Familie. Der Bruder (Timo) merkt, dass er sich zu Jungen hingezogen fühlt (konkret zu einem Jungen) und ringt mit sich, ob er homosexuell bzw. queer (vielleicht bisexuell?) ist, was er und seine Gemeinde für Sünde halten. Die Schwester (Hanna) kennt einen nicht christlichen Jungen (Max) und fühlt sich ihm emotional verbunden. Beide wissen, dass das große Probleme in der Familie und Gemeinde verursachen wird.

Kerstin: Wie fandst du den Film?

José: Es ist ein toller Film, gut gemacht, gut gespielt, guter Rhythmus. Ich bin dankbar, dass diese Geschichten erzählt werden. Ich kenne viele Menschen, die ähnliche Geschichten in Freikirchen erlebt haben. Ja, die Mehrheit nicht in der Intensität, wie sie im Film gezeigt wird, aber ähnlich. 

Eine Sache, die mich an dem Film stört, ist, dass die Beziehung zwischen dem Protagonisten und dem anderen Jungen fast nur körperlich ist. Ein bisschen mehr emotionale Interaktion zwischen den beiden, wie man sie zwischen Hanna und Max sieht, wäre sehr positiv gewesen

Kerstin: Um deine Perspektive besser zu verstehen: Mit welchen Freikirchen warst du in Kontakt und wie war deine Erfahrung?

José: Mein Leben lang hatte ich Kontakt zu verschiedenen Freikirchen in verschiedenen Ländern. In den letzten Jahren war ich in Gemeinden des Bundes Freier evangelischer Gemeinden (Bund FeG), konkret in der FeG Würzburg und in der FeG Göttingen. Aber ich hatte auch oft Kontakt zu landeskirchlichen Gemeinden (LKG), zu Baptisten oder zu charismatischen Gemeinden. Keine dieser Freikirchen wurde von anderen Freikirchen als besonders konservativ oder gefährlich wahrgenommen. Freikirchen sind in vielerlei Hinsicht sehr unterschiedlich. In den Freikirchen weiß jeder, dass es evangelikale Gruppen gibt, die so konservativ sind, dass sie fragwürdig sind. Gruppen, die man lieber vermeidet. Die Freikirchler werden nicht sagen, dass diese Gruppen schädlich oder gefährlich sind, doch sie sind schädlich und gefährlich. Vereinfacht gesagt: Es gibt die gefährlichen Freikirchen und die „ganz-ok-Freikirchen“. Aber diese Unterschiede verschwimmen oft, da Freikirchen oft in Netzwerken oder für punktuelle Aktivitäten zusammenarbeiten, z.B. für Kinder- und Jugendarbeit, Evangelisation, Ausflüge, Sozialarbeit, gemeinsame Gottesdienste... Dieser Punkt ist wichtig, um die möglichen Gefahren in Freikirchen zu verstehen.

Kerstin: Welche Elemente, die im Film als freikirchlich dargestellt werden, kennst du aus deiner Erfahrung und welche nicht?

José: Es gibt nur wenige Elemente im Film, die mir völlig fremd sind. Zum Beispiel eine evangelikale Oberschule, in der gegen die Evolution gesprochen wird. Ja, ich kenne einige Leute, die auf evangelikale Oberschulen gegangen sind, vor allem im Zusammenhang mit Kindern von Missionaren aus den USA. Aber das ist eine sehr kleine Minderheit. Aber viele Evangelikale würden sich das für ihre Kinder wünschen. Zum Beispiel gab es vor einigen Jahren in Göttingen die Initiative, „die erste christliche Schule“ in Göttingen zu gründen. Das ist typisch evangelikaler Diskurs, gemeint war die erste evangelikale Schule in Göttingen.

Dass die Protagonistin nur den Mann küssen will, den sie heiraten wird, wird heute nur noch selten vertreten, zumindestens so klar. Aber das war vor 20 Jahren die Realität oder der Wunsch vieler Gemeinden, auch in den ganz-ok-Freikirchen. Ich kenne Leute, die heute 40-50 Jahre alt sind und den ersten Kuss auf den Mund bei der Hochzeit bekommen haben. Vor 20 Jahren gab es einen Bestseller in den Freikirchen, mit dem Titel "Ungeküsst und doch kein Frosch" auf Deutsch, der englische Titel lautet "I Kissed Dating Goodbye". Inzwischen wird das Buch und der Autor Joshua Harris auch in Freikirchen offen kritisiert, u.a. weil er sich selbst getrennt hat (ein No-Go für Evangelikale!).

Von Anfang an ist im Film vorgesehen, dass die Protagonistin eine Art Ritual durchführt, in dem sie ihrem Vater verspricht, bis zur Hochzeit Jungfrau zu bleiben. Ich kenne das nur als Tradition aus den USA, das Buch "Silver ring thing" stellt ein ähnliches Ritual vor. Die Serie "Girls 5 Eva" (auf Netflix, Stafel 2, Folge 4) setzt sich damit ironisch und kritisch auseinander. Ich kenne keine einzige Person oder Gemeinde in Europa, die das macht oder gemacht hat, soweit ich weiß.

Die Szene, in der Max (der nicht christliche Junge) aus seinem Haus geholt und in einen Kleinbus gezwungen wird, ist sehr krass. Es ist typisch für Freikirchen, dass sie ein Nein nicht akzeptieren, aber wenn so etwas passieren würde, würde es auch in der Gemeinde infrage gestellt werden.

Und das ist eigentlich alles, was ich an dem Film nicht so richtig kenne. Die meisten Elemente des Films sind sehr glaubwürdig für die evangelikale Welt, auch für ganz-ok-Freikirchen, besonders wenn sie groß und aktiv sind. Die kleine Gruppe in einem Haus, die Leidenschaft, mit der die Leute singen, die Lieder auf Englisch, die autoritären Männer in verantwortlichen Positionen, der Evangelisationsstand auf der Straße, die Teenager-Veranstaltung, die Familie mit vielen Kindern, die Taufe als Teenager, so einfache Dinge wie das Ansehen von Serien auf Netflix infrage zu stellen, die Argumente, dass Homosexualität mit Dämonen zu tun hat, die starke Rollenverteilung zwischen Mann und Frau, der systematische Machismo, die Räumlichkeiten für die Freizeit, die Trennung zwischen Jungs- und Mädchengruppen, die Probleme der Vergangenheit zu vergessen, unter den Teppich zu kehren oder zu verstecken, der emotionale Missbrauch, die Missachtung persönlicher Grenzen... All das kenne ich aus vielen freikirchlichen Familien und Gemeinden, auch in ganz-ok-Freikirchen.

Kerstin: Im Film wird das Struggeln von einem Jungen dargestellt, der sich zu einem anderen Jungen hingezogen fühlt und er denkt, dass das falsch sei. Wie fandest du das?

José: Als Teenager habe ich eine Zeit lang gedacht, dass ich homosexuell bin, weil ich auf Jungs stand. Irgendwann habe ich gemerkt: „Moment mal, Mädchen finde ich auch anziehend!“, und dann habe ich gemerkt, dass ich bisexuell bin. 

Aus dieser Erfahrung kenne ich viele der Kämpfe des Protagonisten sehr gut, sowohl aus eigener Erfahrung als auch aus den Berichten anderer: das Ringen vor der Entscheidung, sich taufen zu lassen, die sehr berechtigte Angst, sich zu outen, die Angst, die Familie bzw. Eltern zu enttäuschen, die Angst, dass die Leute sagen, es habe etwas mit Dämonen zu tun.... Ich selbst habe nie körperliche Gewalt erfahren, Gott sei Dank. Der Protagonist schlägt sich mehrmals selbst im Film, um seine homosexuellen Gefühle zu bekämpfen. Gewalt gegen sexuelle Versuchung findet sich nicht nur als Metapher in vielen evangelikalen Texten, sondern auch in der Praxis. So organisiert z.B. die evangelikale Gruppe Victorious in Deutschland Veranstaltungen nur für Männer, bei denen sie sich gegenseitig bekämpfen müssen (nicht dürfen oder können, sondern müssen), um den Kampf gegen die sexuelle Versuchung darzustellen.

Auch Suizidgedanken sind für viele queere Menschen in Freikirchen eine sehr traurige Realität, die systematisch ignoriert oder bagatellisiert wird. Als ich mich als bisexuell outete, verglich ein Pastor einer ganz-ok-Freikirche queere Menschen mit Prostituierten, Drogenabhängigen und Dieben. Als Erwachsener konnte ich mit dem Vergleich und der Ignoranz der Person umgehen, als Jugendlicher hätte mich das zu Suizidgedanken geführt.

In mehreren Szenen macht der Protagonist deutlich, dass er nicht bereit ist, bestimmte Dinge zu tun, z.B. vor einer Gruppe über seine Gefühle zu einem Jungen zu sprechen. Der evangelikale Gruppenleiter missachtet diese Grenzen und manipuliert das Kind, indem er ihm sagt, dass es, wenn es das nicht tut, weiter in Sünde leben will. Klare Missachtung persönlicher Grenzen und Manipulation habe ich in mehreren evangelikalen Gruppen gesehen oder selber erfahren. Ein „Nein“ nicht oder schlecht zu akzeptieren, habe ich oft erlebt, vor allem als Jugendliche, aber nicht nur. Das letzte Mal, als ein Pastor zu uns kommen wollte, weil es uns nicht gut ging, um für uns zu beten. Wir haben ihm gesagt, dass wir das lieber nicht möchten, und er hat seine Enttäuschung zum Ausdruck gebracht.

In mehreren Szenen des Films wird vermieden zu sagen, dass jemand homosexuell ist. Einige reagieren mit körperlicher Gewalt gegen den Satz. Diese Ablehnung der grammatikalischen Konstruktion „homosexuell sein“ oder „schwul sein“ ist sehr typisch für Freikirchen, auch in ganz-ok-Freikirchen. Es gibt sogar eine spezielle evangelikale Kollokation: „homosexuell empfinden“. Im freikirchlichen Kontext sind Menschen nicht homosexuell, „sie empfinden homosexuell“. Natürlich sagt man nicht, dass Heterosexuelle „heterosexuell empfinden“.

Kerstin: Im Film geht es nicht nur um Homosexualität, sondern um Sexualität und Beziehungen in Freikirchen allgemein. Ist die Darstellung realistisch?

José: In einer Szene des Filmes spricht die Protagonistin mit einer Gruppe von Mädchen über Sex und Beziehungen. Als ich das sah, dachte ich: Genau solche Situationen habe ich als Teenager mehrmals erlebt! Es war fast wie ein Dokumentarfilm über Reinheitskultur, auf Englisch „Purity Culture“.

Und nicht nur bei Jugendlichen. Viele Pastoren fühlen sich berechtigt, sich in das Sexualleben der Gemeinde einzumischen. In der letzten Predigt, die ich in der FeG Göttingen gehört habe, hat der Pastor vorgeschlagen, in der Fastenzeit auf Sex zu verzichten. Und er hat nicht einmal gesagt, dass so etwas sehr gut mit der Partner*in abgestimmt werden muss, weil es riesige Probleme verursachen könnte. Das war für mich der letzte Tropfen mit dieser ganz-ok-Freikirche.

Die Protagonistin muss Verantwortung in der Gemeinde abgeben, weil sie einen Nichtchristen geküsst hat. Typisch für Freikirchen, dass deine Beziehungsgeschichte oder dein Status Türen öffnet oder schließt. Wenn sich ein Pastor in einer Freikirche vorstellt, ist das Erste, was er sagt: „Ich heiße so, ich bin so viele Jahre verheiratet, ich habe so viele Kinder (meistens mehr als zwei)“. Und dann weiß jeder: Der ist in Ordnung, der kann Verantwortung übernehmen, dem machen wir die Tür auf.

Die Darstellung von Masturbation als etwas Sündiges oder Fragwürdiges ist sehr typisch für Freikirchen. Dafür gibt es Hunderte Beispiele. Nur eins, aus der free-indeed.de Community: wenn jemand sich befriedigt, bedeutet es, dass die Person denkt: „Ich kümmere mich also um mich selbst. Somit vertraue ich nicht auf Gott.“ 

Ein weiteres Beispiel: Kari Clewett ist eine Autorin aus den USA, die in Spanien lebt und eine evangelikale Gruppe zum Thema Sex mit einem YouTube-Kanal, Workshops usw. leitet. Letzten Monat (Februar 2025) veröffentlichte sie ein Buch mit dem Titel "Der gute Sex" ( auf Spanisch: El Buen Sexo). Sie macht deutlich, dass Masturbation gegen den Plan Gottes verstößt, unter anderem weil sie zu Egoismus führt. In einem Video spricht sie über Masturbation als eine Sünde. Ähnlich argumentierten evangelikale Autoren schon vor 50 oder 60 Jahren, etwa in dem evangelikalen Bestseller "Wie schön ist es mit dir" von Tim LaHaye (auf Englisch: The Act of Marriage). Die Meinungen über Masturbation, die man in evangelikalen Veröffentlichungen findet, haben sich in einem halben Jahrhundert im Grunde nicht geändert.

Vor einigen Jahren haben meine Frau und ich unserer damaligen Gemeinde (eine ganz-ok-Freikirche) vorgeschlagen, einen sexpositiven Workshop zu organisieren. Die Gemeinde hat dann das Ehepaar Gasser eingeladen. Und dieses Paar hat dann Masturbation und andere sexuelle Praktiken (z.B. Oralsex oder Sexspielzeuge) als fraglich dargestellt. Unsere Versuche, etwas Sexpositives für die Gemeinde zu schaffen, waren gescheitert.

In vielen Gemeinden ist Masturbation ein Streitpunkt, trotzdem sehr wichtig für die Reinheitskultur. Viele denken, es ist kein Problem, viele denken, dass es Sünde ist. Das Problem ist, dass die „liberalen Leute“ sich oft nicht trauen, das klar zu sagen, noch weniger mit Teenagern darüber zu sprechen. Mehrere Pastoren in ganz-ok-Freikirchen haben mir gesagt, dass sie sich nicht trauen, ihre ehrliche und positive Meinung zu Masturbation in der Gemeinde aus Angst vor der Reaktion der Konservativen zu sagen. Aber die Konservativen sehen es als ihren Auftrag, laut und klar darüber zu sprechen. Und so findet man oft die konservativsten Leute der Gemeinde als Jugendpastoren oder Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Kindern- und Jugend-Gruppen oder Freizeiten. So kann es passieren, dass Kinder von einer liberalen Familie in einer ganz-ok-Freikirchen trotzdem extrem konservative Botschaften über Sex in einer Freizeit oder in der Jungschar erhalten.

Dass Sex vor der Ehe Sünde sei, gilt für mindestens 90% der Freikirchen, wenn nicht sogar für 99%. Dies ist einer der Kernpunkte der Reinheitskultur. Selbst die wenigen Freikirchen, die Homosexuelle komplett akzeptieren, würden wahrscheinlich ein Problem damit haben. Ein Klassiker bei Sex-Aufklärungsgesprächen in Freikirchen: Eine Person, die nicht bis zu Hochzeit Jungfrau bleibt, wird mit einem Kaugummi verglichen, der von mehreren Personen gekaut wird. So etwas habe ich in ganz-ok-Freikirchen erlebt. Es gibt noch andere Varianten desselben Gleichnisses, eine besonders widerliche ist: Der Leiter nimmt einen Oreo-Keks und fragt, wer ihn essen möchte. Viele Hände hoch. Dann wird der Keks auf einen Teller gelegt, der Teller wird herumgereicht und alle müssen auf den Keks spucken. Am Ende wird gefragt, wer den Keks essen möchte. Natürlich keiner. Dann wird der Keks mit einer Person verglichen, die nicht Jungfrau bis zur Hochzeit bleibt. Fucked up, ich weiß.

Kerstin: Im Film werden mehrere gewalttätige Szenen gezeigt. Wie typisch sind solche Szenen im freikirchlichen Kontext?

José: Ich kenne einige Evangelikale, die sehr gewalttätig sind. Aber Gewalt ist generell ein Problem in der Gesellschaft, nicht nur in Freikirchen.

Die Gewalt, die viele Queers oder Menschen, die eine Beziehung mit einem Nicht-Christen eingehen, in Freikirchen erleben, ist oft nicht körperlicher, sondern sozialer und emotionaler Art. Ich kenne zum Beispiel viele Eltern, die mit ihren Kindern nicht mehr sprechen oder für einige Zeit nicht gesprochen haben. Als ich mich vor ein paar Jahren geoutet habe, haben einige Leute aufgehört, mit mir zu reden. Die ganz-ok-Freikirche, die ich damals besuchte, teilte mir mit, dass ich bei bestimmten Veranstaltungen nicht mehr willkommen sei, vor allem nicht, wenn es um Queerness und Homosexualität gehen soll. In einer Folge vom Podcast Hossa Talk erklärt Katrin Schneller, wie sie sich als Lesbe geoutet hat und dadurch in den ganz-ok-Freikirchen von der Gemeinde ausgeschlossen wurde.

Dieser Entzug von der Gemeinde oder der Familie ist natürlich subtiler als ins Gesicht geschlagen zu werden, wie es u.a. im Film gezeigt wird. Aber auch das ist eine Form von Missbrauch und Gewalt.

Kerstin: Kann so eine Geschichte in vielen freikirchlichen Familien passieren?

José: Ja und nein. Dies ist die Geschichte einer sehr konservativen Familie in einer sehr großen und aktiven Gemeinde. Außerdem ist die Rolle des Vaters besonders gewalttätig und autoritär, was für die Entwicklung der Geschichte wichtig ist. Es gibt viele solcher Familien in Freikirchen und vor allem autoritäre Väter in Freikirchen, die in Gemeinden oft Verantwortung tragen, z.B. als Pastoren arbeiten oder in der Leitung der Gemeinde sind.

Viele Eltern würden heute in ganz-ok-Freikirchen anders reagieren, wenn ihre Kinder sich outen würden. Sie würden es als selbstverständlich ansehen, dass ihre Kinder auf die Gemeinde verzichten werden oder dass ihre Kinder nicht mehr glauben. Was eine sehr traurige Antwort ist. Sie nehmen an, dass ihre Kinder entweder queer oder Christ*innen sein können, aber nicht beides.

Aber vieles von dem, was im Film zu sehen ist, kann jeder Teenager erleben, der in eine Freikirche geht, auch wenn die Familie nicht besonders konservativ ist und die Gemeinde ganz ok ist. Man besucht z.B. eine ganz-ok-Freikirche, aber die Teenagergruppe findet zusammen mit einer anderen Gemeinde statt. Eine sehr konservative Person dieser anderen Gemeinde ist ein Mitarbeiter und bei einem Treffen macht diese Person das Oreo-Spuck-Ding oder erklärt, dass Homosexualität vom Teufel kommt und empfiehlt eine Freizeit für Jugendliche, wo sie diese Versuchungen in Gruppe verarbeiten können, um Gott näher zu kommen. Und dann ist dieses Kind aus einer liberalen freikirchlichen Familie, die eine ganz-ok-Freikirche besucht, der Protagonist von einem Teil des Films.

Kerstin: Für Menschen, die Freikirchen nicht kennen, inwiefern kann dieser Film positiv sein?

José: Viele der im Film dargestellten Elemente werden von vielen queeren und nicht queeren Kindern aus evangelikalen Familien erlebt, wenn auch nicht von den meisten in dieser Intensität.

Etwas Positives an den Freikirchen, das man im Film sieht, ist, dass die Mutter von Max sehr schnell eine Gemeinde findet, die ihr die Türen öffnet, als sie eine sehr schwere Zeit durchmacht. Das kenne ich von vielen Menschen, die nicht in Freikirchen aufgewachsen sind, sehr schwierige Erfahrungen gemacht haben und als Erwachsene in Freikirchen kommen. Diese Erwachsenen fühlen sich oft wohl in konservativen Gemeinden. Sie kommen damit klar, u.a. weil sie in der Vergangenheit etwas anderes erlebt haben und weil sie diese Entscheidungen für sich selbst getroffen haben. Aber für viele Kinder, die in Freikirchen aufwachsen, kann das ganz anders sein. Für viele von diesen Kindern sind solche Gemeinden ein Albtraum.

Kerstin: Für Menschen, die in Freikirchen unterwegs sind, inwiefern kann dieser Film positiv sein?

José: Ich möchte, dass die Leute darüber nachdenken und sehen, wie real und gefährlich diese Erfahrungen sind. Einerseits die ganze Reinheitskultur, die so viele Kinder, die in Freikirchen aufgewachsen sind und heute noch aufwachsen, mitbekommen haben. Dies führt bei vielen Paaren zu Problemen in der Sexualität, auch wenn viele Jahre vergangen sind. Dazu empfehle ich das Buch Pure von Lisa Key Klein oder den Comic Blankets.

Andererseits würde ich mir wünschen, dass Eltern in Freikirchen auch darüber nachdenken, welche Gefahren ihre vielleicht queeren Kinder in Freikirchen erleben. Auch wenn sie als Familie liberal sind und sie eine ganz-ok-Freikirche besuchen. Mittlerweile identifizieren sich 20% der Jugendlichen als queer. Für eine Familie mit mehr als zwei Kindern bedeutet dies, dass es wahrscheinlicher ist, mindestens ein queeres Kind zu haben als keines. Auch wenn diese Kinder nicht so krasse Erfahrungen machen wie im Film, sollte unsere Rolle als liebende christliche Eltern eine andere sein: unsere Kinder zu lieben, akzeptieren, wie sie sind und sie auf ihrem persönlichen Weg zu stärken.

Aber ich glaube, die Mehrheit der Evangelikalen wird einfach an der Oberfläche des Films bleiben und sagen: „Das ist übertrieben, so sind wir nicht, meine Kinder gehen nicht auf ein evangelikales Gymnasium, meine Freikirche ist ganz ok, das ist ein Angriff der Welt“. Ich meine, es gibt schon Artikel, die genau in diese Richtung argumentieren.

Kerstin: Und für queere Menschen, die in Freikirchen sind, inwiefern kann dieser Film da positiv sein?

José: Es sollte ein Alarmsignal sein. Ich sage nicht, dass alle Freikirchen für alle schlimm sind. Tatsächlich gibt es eine kleine Minderheit von Freikirchen, die queeren Menschen offen gegenüberstehen. Der Verein Zwischenraum hat auf seiner Webseite Gemeinden aufgelistet, die queer-freundlich sind (auch wenn viele von ihnen gleichgeschlechtliche Paare nicht segnen). Ich war neulich in der Baptistengemeinde in Wedding (Berlin), die sich eindeutig als queer-freundlich darstellt und es hat mir gutgetan.

Aber das ist eine winzige Minderheit, und es kann immer passieren, dass sich die Gemeinde wieder konservativer zurückentwickelt. Freikirchen sind generell gefährlich für die Mehrheit der queeren Menschen, insbesondere für queere Kinder und Jugendliche.

Etwas am Film, was ich vermisse, ist, dass er keine Alternative zeigt. Es ist mir klar, dass das nicht die Rolle des Filmes ist. Viele evangelische Kirchen nehmen uns Queers gerne auf und geben uns Raum und Stimme, Dinge zu organisieren und zu verändern. Wir müssen uns nicht zwischen dem Glauben und unserem Queerness entscheiden. Wie du sagst, liebe Kerstin, wir können queer und Christ*innen sein. Und das ist gut so!

 

The interview in English:

“Every child and young person can experience something similar in evangelical churches, even in “pretty-ok” evangelical-churches!” 
(José Calvo Tello)

I met José Calvo Tello at a lecture about queer theology two years ago. We stayed in touch ever since. In this interview with him José is talking about his thoughts about the movie “Gotteskinder” by Frauke Lodder.

Kerstin: Please tell us something about yourself first!

José: Now I'm nervous. What can I say? I'm José, 37 years old, born in Spain, grew up in a conservative evangelical family in Spain, been in Germany for about 15 years, work in the Göttingen State and University Library, married to a woman, father. Oh yes, important in this context: I am bisexual. Is something missing? Was that too much information?

Kerstin: You have seen the movie “Gotteskinder” by director Frauke Lodders. What is the movie about?

José: It is the story of two children from a conservative evangelical church family. The brother (Timo) realizes that he is attracted to boys (specifically to one boy) and struggles with whether he is homosexual or queer (perhaps bisexual?), which he and his community consider a sin. The sister (Hanna) knows a non-Christian boy (Max) and feels emotionally attached to him. Both know that this will cause big problems in the family and the community.

Kerstin: How did you like the movie?

José: It's a great movie, well made, well acted, good rhythm. I am grateful that these stories are being told. I know many people who have experienced similar stories in evangelical churches. Yes, the majority not with the intensity shown in the movie, but similar. 

One thing that bothers me about the movie is that the relationship between the protagonist and the other boy is almost all physical. A bit more emotional interaction between the two, as seen between Hanna and Max, would have been very positive.

Kerstin: To better understand your perspective, which evangelical churches have you been in contact with and what was your experience like?

José: Throughout my life, I have been in contact with various evangelical churches in different countries. In recent years, I have been in congregations of the Federation of Freier evangelischer Gemeinden (Bund FeG), specifically in the Würzburg FeG and the Göttingen FeG. But I have also often been in contact with landeskirchlichen Gemeinden (LKG), Baptists and Charismatic congregations. None of these evangelical churches were perceived as particularly conservative or dangerous by other evangelical churches. Evangelical churches are very different in many respects. In the evangelical churches, everyone knows that there are evangelical groups that are so conservative that they are questionable. Groups that people prefer to avoid. The evangelical church people will not say that these groups are harmful or dangerous, but they are harmful and dangerous. Put simply, there are the dangerous evangelical churches and there are the “pretty-ok” evangelical churches. But these distinctions are often blurred, as evangelical churches often work together in networks or for selective activities, e.g. for children and youth work, evangelism, camps, social work, joint worship services... This point is important to understand the possible dangers in evangelical churches.

Kerstin: Which elements that are portrayed as evangelical church in the film do you recognize from your experience and which do you not?

José: There are only a few elements in the movie that are completely unfamiliar to me. For example, an evangelical high school where they speak against evolution. Yes, I know some people who have gone to evangelical high schools, especially children of missionaries from the USA. But that is a very small minority. But many evangelicals would like that for their children. For example, a few years ago there was an initiative in Göttingen to found “the first Christian school” in Göttingen. That is typical evangelical discourse; what was meant was the first evangelical school in Göttingen.

The fact that the protagonist only wants to kiss the man she is going to marry is rarely advocated today, at least that clearly. But 20 years ago that was the reality or the wish of many congregations, even in the “pretty-ok” evangelical churches. I know people who are now 40-50 years old and got their first kiss on the lips at their wedding. 20 years ago, there was a bestseller in the evangelical churches with the title I Kissed Dating Goodbye which defended exactly that. In the meantime, the book and the author Joshua Harris have also been openly criticized in evangelical churches, among other things because he himself has separated (a no-go for evangelicals!).

From the very beginning of the movie, the protagonist is supposed to perform a kind of ritual in which she promises her father that she will remain a virgin until her wedding. I only know this as a tradition from the USA. The book Silver Ring Thing presents a similar ritual. In the series Girls 5 Eva (on Netflix, season 2, episode 4) deals with this tradition ironically and critically. I don't know a single person or church in Europe that does or has done this, as far as I know.

The scene where Max (the non-Christian boy) is taken out of his house and forced into a minivan is very crude. It's typical of evangelical churches that they don't take no for an answer, but if something like that happened, it would also be questioned in the church.

And that's actually everything I don't really recognize from the movie. Most of the elements of the movie are very believable for the evangelical world, even for “pretty-ok” evangelical churches, especially if they are large and active. The small group in a house, the passion with which people sing, the songs in English, the authoritarian men in positions of authority, the street evangelism stand, the teenage event, the family with many children, the baptism as a teenager, things as simple as watching series on Netflix being questioned, the arguments, that homosexuality has to do with demons, the strong division of roles between men and women, the systematic machismo, the accommodations for the camp, the separation between boys' and girls' groups, forgetting, sweeping under the carpet or denying past problems, the emotional abuse, the disregard for personal boundaries. I know all this from many evangelical church families and congregations, even in “pretty-ok” evangelical churches.

Kerstin: The movie depicts the struggle of a boy who has feelings and attraction to another boy and he thinks that this is wrong. What did you think?

José: As a teenager, I thought for a while that I was homosexual because I liked boys. At some point I realized: “Wait a minute, I'm attracted to girls too!”, and then I realized that I was bisexual. 

From this experience, I know many of the protagonist's struggles very well, both from my own experience and from the reports of others: the struggle before the decision to be baptized, the very justified fear of coming out, the fear of disappointing the family or parents, the fear that people will say it has something to do with demons.... I myself have never experienced physical violence, thank God. The protagonist hits himself several times in the movie to fight his homosexual feelings. Violence against sexual temptation is not only found as a metaphor in many evangelical texts, but also in practice. For example, the evangelical group Victorious (https://www.wiedenest.de/victorious) in Germany organizes events for men only, where they have to (not may or can, have to) fight each other to represent the fight against sexual temptation.

Suicidal thoughts are also a very sad reality for many queer people in evangelical churches, which is systematically ignored or trivialized. When I came out as bisexual, a pastor of a “pretty-ok” evangelical church compared queer people to prostitutes, drug addicts and thieves. As an adult I could deal with the comparison and the ignorance of that person, as a teenager it could have led me to suicidal thoughts.

In several scenes, the protagonist makes it clear that he is not prepared to do certain things, e.g. talk about his feelings towards the boy in front of a group. The evangelical group leader disregards these boundaries and manipulates the child by telling him that if he doesn't, he will continue to live in sin. Clear disregard for personal boundaries and manipulation is something I have seen or experienced myself in several evangelical groups. Not accepting a no or accepting it poorly is something I have experienced many times, especially as a kid or teenager, but not only. One of the last times: a pastor wanted to come to us to pray for us because we weren't feeling well. We told him that we would rather not and he expressed his disappointment.

In several scenes in the movie, people avoid saying that someone is homosexual. Some react with physical violence against the phrase. This rejection of the grammatical construction “to be homosexual” or “to be gay” is very typical of evangelical churches, even in “pretty-ok” evangelical churches. There is even a special evangelical collocation in German: “homosexuell empfinden”, something like “to feel homosexual”. In the evangelical church context, people are not homosexual, “they feel homosexual”. Of course you don't say in German that heterosexuals “feel heterosexual”.

Kerstin: The movie is not only about homosexuality, but about sexuality and relationships in evangelical churches in general. Is the portrayal realistic?

José: In one scene in the movie, the protagonist talks to a group of girls about sex and relationships. When I saw this, I thought: “I experienced situations like this several times as a teenager!”. It was almost like a documentary about purity culture.

And not only with young people. Many pastors feel entitled to interfere in the sexual life of the congregation. In the last sermon I heard at FeG Göttingen, the pastor suggested abstaining from sex during Lent. And he didn't even say that something like this needs to be very well consulted with your partner because it could cause huge problems. That was the last straw for me with this “pretty-ok” evangelical church.

The protagonist has to give up responsibility in the church because she kissed a non-Christian. It is typical for evangelical churches that your relationship history or status opens or closes doors. When a pastor introduces himself in a evangelical church, the first thing he says is: “My name is this, I've been married for so many years, I have so many children (usually more than two)”. And then everyone knows: he's OK, he can take responsibility, we trust him.

The portrayal of masturbation as something sinful or questionable is very typical of evangelical churches. There are hundreds of examples of this. Just one, from the free-indeed.de community in Germany: if someone satisfies themselves, it means that the person thinks: “So I'm looking after myself. So I'm not relying on God.”

Another example: Kari Clewett is an author from the USA who lives in Spain and runs an evangelical group on sex with a YouTube channel, workshops, etc. Last month (February 2025) she published a book called The Good Sex (in Spanish: El Buen Sexo). She clearly argues that masturbation goes against God’s design for sex, among other things because it leads to selfishness. In a video, she talks about masturbation as a sin. Evangelical authors argued similarly 50 or 60 years ago, for example in the evangelical bestseller The Act of Marriage. The opinions on masturbation found in evangelical publications have basically not changed in half a century.

A few years ago, my wife and I suggested to our church at the time (a “pretty-ok” evangelical church) that we organize a sex-positive workshop. The church then invited the Gasser couple. And this couple then presented masturbation and other sexual practices (e.g. oral sex or sex toys) as questionable. Our attempts to create something sex-positive for the community had failed.

In many churches, masturbation is a controversial issue, yet it is very important for the purity culture. Many think it's not a problem, many think it's a sin. The problem is that the “liberal people” often don't dare to say it clearly, much less talk about it with teenagers. Several pastors in “pretty-ok” evangelical churches have told me that they are afraid to speak their honest and positive opinions about masturbation in church for fear of the reaction of conservatives. But conservatives see it as their mandate to speak loud and clear about it. And so you often find the most conservative people in the church as youth pastors or staff members of children and youth groups or camps. So it can happen that children from a liberal family in a “pretty-ok” evangelical church still receive extremely conservative messages about sex in a camp or youth group.

That sex before marriage is a sin applies to at least 90% of evangelical churches, if not 99%. This is one of the key points of purity culture. Even the few evangelical churches that completely accept homosexuals would probably have a problem with this. A classic in sex education talks in evangelical churches: A person who does not remain a virgin until marriage is compared to a piece of chewing gum that is chewed by several people. I have witnessed this comparison in “pretty-ok” evangelical churches. There are other variations of the same parable, one particularly disgusting is: the leader takes an Oreo cookie and asks who wants to eat it. Many hands go up. Then the cookie is placed on a plate, the plate is passed around and everyone has to spit on the cookie. At the end, they ask who wants to eat the cookie. No one, of course. Then the cookie is compared to a person who doesn't stay a virgin until marriage. Fucked up, I know…

Kerstin: Several violent scenes are shown in the movie. How typical would such scenes be in an evangelical church context?

José: I know some evangelicals who are very violent. But violence is a problem in society in general, not just in evangelical churches.

The violence that many queer people or people who are in a relationship with a non-Christian experience in evangelical churches is often not physical, but social and emotional. For example, I know many parents who no longer speak to their children or have not spoken to them for some time. When I came out a few years ago, some people stopped talking to me. The “pretty-ok” evangelical church I was attending at the time told me that I was no longer welcome at certain events, especially if they were about queerness and homosexuality. In an episode of the podcast Hossa Talk, Katrin Schneller explains how she came out as a lesbian and was excluded from the “pretty-ok” evangelical churches as a result.

This withdrawal from the community or family is of course more subtle than being punched in the face, as shown in the movie, for example. But this is also a form of abuse and violence.

Kerstin: Can such a story happen in many evangelical church families?

José: Yes and no. This is the story of a very conservative family in a very large and active church. In addition, the father's role is particularly violent and authoritarian, which is important for the development of the story. There are many such families in evangelical churches and especially authoritarian fathers in evangelical churches who often have responsibilities in churches, e.g. work as pastors or are in the leadership of the church.

Many parents today would react differently in “pretty-ok” evangelical churches if their children came out. They would take it for granted that their children will drop out of churches or that their children no longer have any faith. Which is a very sad response. They assume that their children can either be queer or Christian, but not both.

But much of what is seen in the movie can be experienced by any teenager who goes to a evangelical church, even if the family is not particularly conservative and the congregation is okay. For example, you attend a “pretty-ok” evangelical church, but the teen group is held together with another church. A very conservative person from this other church is a staff member and at a meeting this person does the Oreo spit thing or explains that homosexuality comes from the devil and recommends a retreat for teens where they can work through these temptations in group to get closer to God. And then this kid from a liberal family who attends a “pretty-ok” evangelical church is the protagonist of part of the movie.

Kerstin: For people who don't know evangelical churches, what can this movie be positive for?

José: Many of the elements portrayed in the movie are experienced by many queer and non-queer children from evangelical families, though not by most to the same intensity.

One positive thing about the evangelical churches that you see in the movie is that Max's mother very quickly finds a church that opens its doors to her when she is going through a very difficult time. I know this from many people who have not grown up in evangelical churches, have had very difficult experiences and come to evangelical churches as adults. These adults often feel comfortable in conservative churches. They are fine with it, partly because they have experienced something different in the past and because they have made these decisions for themselves. But for many children growing up in evangelical churches, it can be very different. For many of these children, such churches are a nightmare.

Kerstin: For people who are active in evangelical churches, what can this movie be positive for?

José: I want people to think about it and see how real and dangerous these experiences are. On the one hand, the whole purity culture that so many children who have grown up in evangelical churches and are still growing up today. This leads to problems in sexuality for many couples, even if many years have passed. I recommend the book Pure by Lisa Key Klein or the comic Blankets by Craig Thompson.

On the other hand, I would also like parents in evangelical churches to think about the dangers that their perhaps queer children experience in evangelical churches. Even if they are liberal as a family and attend a pretty-ok evangelical church. Nowadays, 20% of young people identify as queer. For a family with more than two children, this means that it is more likely to have at least one queer child than none. Even if these children don't have as extreme an experience as in the movie, our role as loving Christian parents should be different: to love and accept our children as they are and to empower them on their personal journey.

But I think the majority of evangelicals will just stay on the surface of the movie and say, “That's an exaggeration, we're not like that, my kids don't go to an evangelical high school, my evangelical church is pretty ok, this is an attack of the world.” I mean, there are already articles that argue exactly along these lines.

Kerstin: For queer people who are in evangelical churches, what can this movie be positive for?

José: That should be an alarm signal. I'm not saying that all evangelical churches are bad for everyone. In fact, there is a small minority of evangelical churches that are open to queer people. The Zwischenraum association has listed churches on its website that are queer-friendly (even though many of them don't bless same-sex couples). I recently went to the Baptist church in Wedding (Berlin), which clearly presents itself as queer-friendly and it was a good experience.

But this is a tiny minority and it can always happen that the church regresses to a more conservative position. Evangelical churches are generally dangerous for the majority of queer people, especially for queer children and young people.

One thing I miss about the movie is that it doesn't show an alternative. It's clear to me that that's not the role of the movie. Many churches from the Protestant church (in German evangelische Kirchen) are happy to welcome us queers and give us space and voice to organize and change things. We don't have to choose between our faith and our queerness. As you say, dear Kerstin, we can be queer, we can be Christian, and that's good.

 

 

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