Mythen und Legenden rund um den Vatikan

Blick aus einem Fenster auf Vatikan und Petersdom
Getty Images/iStockphoto/kalasek
Um den Petersdom und den Vatikan spinnen sich viele Legenden und Gerüchte.
Geheimnistuerei im Vatikan
Mythen und Legenden rund um den Vatikan
Mythen und Legenden ranken sich schon seit Jahrhunderten um den Vatikan. Nicht nur innerhalb der römischen Bevölkerung kursieren Theorien über die verschiedenen Päpste, auch in Büchern und Kinofilmen wie "Die Päpstin" und der "Da Vinci Code" werden Themen angesprochen, die der Vatikan scheinbar verheimlichen will. Und dann gibt es noch die Vorhersagen von Nostradamus und den Simpsons. evangelisch.de-Redakteurin Alexandra Barone hat einige Legenden aufgegriffen.

Der Stuhl Petri ist seit jeher Ziel von Intrigen. Wer den Thron im Vatikan besteigt, hat die irdische und himmlische Macht über schätzungsweise 2,5 Milliarden Menschen, denn das Christentum ist vor dem Islam (2 Milliarden) und dem Hinduismus (1,2 Milliarden) die weltweit am weitesten verbreitete Religion. Doch wenn es um so viel Macht geht, sind Intrigen und auch Mord nicht wegzudenken. So war Johannes VIII. (872 bis 882) beispielsweise der erste Papst, der im Amt umgebracht wurde. Er wurde vergiftet und zu Tode geprügelt. Insgesamt sollen acht Päpste im Amt umgebracht worden sein. 

Der italienische Kardinal und Kirchenhistoriker Cesare Baronio sprach sogar von einem Saeculum obscurum, einem dunklen Jahrhundert, und bezeichnet damit einen Zeitraum der Papstgeschichte beginnend vom Mord an Papst Johannes VIII. im Jahr 882 bis zur Absetzung dreier konkurrierender Päpste 1046. Es handelt sich um einen Zeitraum von 164 Jahren, in dem das Papsttum eine tiefe Krise durchlebte. Doch auch fast 1.000 Jahre später wollen Gerüchte um vergiftete und ermordete Päpste kein Ende nehmen. Als Johannes Paul I. am 28. September 1978 plötzlich starb, kursierten sofort wilde Theorien, die sich bis heute halten. 

Die Journalisten stellten eine Beziehung zwischen der überraschenden Wahl zum Papst und dem schnellen Tod her. Denn der schüchterne Kardinal Albino Luciani, Sohn eines antiklerikalen Sozialisten, seit 1969 Patriarch von Venedig, galt als Außenseiter - nicht als aussichtsreicher Kandidat für das Papstamt in der Nachfolge von Paul VI.. Geheimnistuerei und Unterschlagung der Wahrheit werden dem Vatikan auch bezüglich der Rolle der Frau vorgeworfen. Während Konkubinen – vor allem im Mittelalter – offen geduldet waren und diese auch eine wichtige Rolle gespielt haben, war die Rolle von Maria Magdalena immer sehr umstritten.

Maria Magdalena und Päpstin Johanna

So greift der Film "Da Vinci Code - Sakrileg"  dieses Thema auf, indem dort die These vertreten wird, dass Jesus Christus und Maria Magdalena eine gemeinsame Tochter hatten. Diese Blutlinie werde von Frauen weitergegeben, nicht von Männern. Beide Thesen würde die Grundfesten der christlichen Kirchen erschüttern, nicht nur im Film. Gestützt wird die These im Film, dass dieses Wissen vom Geheimbund Prieuré de Sion geschützt wird. Ein Geheimbund, dem auch Leonardo Da Vinci angehört haben soll.

Vehement hat sich die Kirche gegen die Erscheinung des Films gewehrt: Eine katholische Nonne protestierte zwölf Stunden lang vor der anglikanischen Kathedrale im englischen Lincoln gegen die Verfilmung. Der Kanzler eben dieser Kathedrale, Mike West, bezeichnete das Buch in einer öffentlichen Ansprache als häretisch und "historischen Unsinn". Alec Knight, der Dekan der anglikanischen Kathedrale, nannte den Bestseller einen "Haufen Quatsch". Und doch greifen die Filmindustrie, Schriftsteller und Theaterstücke immer wieder verschiedene Gerüchte auf. So auch die Legende, dass es einen weiblichen Papst gab. Im Film "Die Päpstin" (von Sönke Wortmann) aus dem Jahr 1996 schildert die im Hochmittelalter entstandene Legende von der Päpstin Johanna, die im 9. Jahrhundert den Heiligen Stuhl besetzt haben soll.

An der Stelle, wo Päpstin Johanna ihr Kind geboren haben soll, steht ein kleines Marienhäuschen.

Auch wenn in einer ZDF-Dokumentation von 2012 die Richtigkeit dieser These angenommen wird, besteht aus Sicht der heutigen Geschichtswissenschaft kein Zweifel daran, dass Johannes VIII. ein Mann war, der als solcher auch 882 nach Christus im Petersdom beerdigt wurde. Wissenschaftler hin oder her, beim Volk bleibt das Gerücht, dass es einen weiblichen Papst gab, und bis heute wird in Rom in einer Straße in der Nähe des Kolosseums an einer ganz besonderen Stelle jeden Tag Blumen hingelegt. Es handelt sich dabei um den Ort, wo Johannes VIII. alias Johanna ihr Kind geboren haben soll, bevor sie von der entsetzten Menschenmenge gesteinigt wurde.

Der "Kotstuhl" und der Kontrollgriff

Trotz der volkstümlichen Legenden ist sich der Vatikan und viele Geschichtswissenschaftler einig: Es hat nie einen weiblichen Papst gegeben, daran ändert auch die Existenz des berühmten Kotstuhls nichts. Demnach musste sich der Auserwählte auf den "Sedes Stercoraria" setzen, und der jüngste anwesende Kardinal soll einen entschlossenen "Kontrollgriff" getätigt haben, um zu überprüfen, dass der neue Pontifex auch tatsächlich männlich ist. 

Weibliche Päpste, ermordete Päpste und Päpste mit Kindern: die Gerüchte begannen bereits im frühen Mittelalter und werden auch heute – nicht zuletzt durch den Tod von Papst Franziskus und den kürzlich erschienenen Film "Konklave" beheizt. 

Im Vatikan-Thriller von Robert Harris, der im November 2024 in den deutschen Kinos erschienen ist und im März 2025 für acht Oskars nominiert war, geht es um die Papstwahl. Angesichts des Todes von Papst Franziskus ist der Film aktueller denn je. Regisseur Edward Berger inszeniert in dem Film die Wahl eines neuen Papstes als Kriegsschauplatz. Genau so wird es laut einigen Experten wohl auch werden.  

Die Simpsons, Nostradamus und Malachias

Während im Film als neuer Papst der unbekannte Bischof von Kabul, Kardinal Benítez, gewählt wird, kursiert in den Social Media Kanälen das Gerücht, dass sich der Vatikan bereits einen neuen Papst entschieden hat: Kardinal Pietro Parolin. Interessant an dem Gerücht ist die Parallele zum Film: Der unbekannte Kardinal Benitez aus dem Film "Konklave" stammt aus Mexiko, der gebürtige Italiener Parolin wechselte 1989 an die Apostolische Delegation in Mexiko. Auf den Social Media Kanälen gehen gerade Posts und Reels viral, die auf die Vorhersage in der US-amerikanischen Soap "The Simpson" eingehen. Auch die Vorhersagen von Nostradamus und vom heiligen Malachias gewinnen nun wieder an Bedeutung.

Die sogenannte Papstweissagung des heiligen Malachias, kurz: die Malachiasweissagung, ist eine Papst-Prophezeiung bestehend aus 112 kurzen Sinnsprüchen über alle Päpste und (bis auf zwei) Gegenpäpste von Cölestin II. (1143–1144) bis zu Franziskus. Sie wurden erstmals im Jahre 1595 in einem Werk mit dem Titel Lignum Vitae von Arnold Wion gedruckt und dabei wohl fälschlicherweise dem heiliggesprochenen irischen Erzbischof Malachias zugeschrieben. Der letzte (112.) Vers nennt einen "Petrus Romanus". Er wird amtieren "In persecutione extrema S.R.E.", in der letzten und gefährlichsten Verfolgung der Heiligen Römischen Kirche. Dieser allerletzte Papst wird die Schafe weiden in einer Zeit vieler Bedrängnisse. Und nach all diesen Katastrophen wird die Stadt der sieben Hügel (also Rom) zerstört werden.

Papst mit "dunkler Haut" wird folgen

Auch Nostradamus hat für den Vatikan eine schwierige Zeit vorausgesagt: In seinem Werk Les Prophéties von 1555 schrieb der französische Astrologe: "Durch den Tod eines sehr alten Papstes / wird ein Römer guten Alters gewählt werden / Von ihm wird man sagen, dass er seinen Sitz schwächt / Doch lange wird er sitzen und in mörderischer Tätigkeit sein." Nostradamus beschrieb zudem einen Nachfolger mit "dunkler Haut", der mit Hilfe eines "großen Königs" das Amt übernehme – auch das sorgt angesichts des anstehenden Konklaves für viel Raum zur Interpretation. Während allergings im Film "Konklave" der neue Papst Benitez mit weiblichen Geschlechtsmerkmalen geboren wurde, diese anfangs in einer OP beseitigen will, sich aber dann entscheidet, diese beizubehalten, scheint Papstfavorit Parolin tatsächlich ein Mann zu sein. Doch ist das die Wahrheit? 

Ralph Fiennes (l) als Kardinal Lawrence und Stanley Tucci als Kardinal Bellini in einer Szene des Films "Konklave".

Mit dem kürzlichen Tod von Papst Franziskus stehen wir wieder vor wilden Spekulationen. Eine davon ist die Theorie, dass Franziskus bereits vor Wochen im Krankenhaus gestorben ist. Dieses Gerücht wird befeuert dank der Entscheidung des Vatikans, die Leiche des verstorbenen Papstes nicht zu obduzieren. Auch wenn einige Medien berichten, dass daran nichts Außergewöhnliches ist, wird in anderen Medien vermutet, dass der Vatikan den Tod verheimlicht hat, um keine "Komplikationen" vor Ostern zu verursachen.

Ob das wahr ist, wissen wir nicht. Auch wissen wir nicht, was mit dem von Nostradamus und Malachias "letzten" Papst gemeint ist. Wird es ein junger Römer? Wird er – wie der Apostel und erste Papst – das erste Mal in der Geschichte auch den Papstnamen Petrus wählen? Wird er von dunkler Hautfarbe sein? Fragen über Fragen und doch bleibt ein Fakt: Was hinter den hohen Mauern des Vatikans wirklich geschieht und ob beziehungsweise was er verheimlichen will – das weiß keiner. Wohl auch deswegen ranken sich Mythen, Legenden und Gerüchte um den kleinen Stadtstaat in der Ewigen Stadt.