Frühschoppen am Dom

Kölsch Bier auf Serviertablett
Getty Images/iStockphoto/Bjoern Wylezich
nach dem Gottesdienst
Frühschoppen am Dom
Der Kölner Dom lädt nach den Gottesdiensten zum Zusammenbleiben ein

Es war vor schätzungsweise 40 Jahren. Ich war als Jugendlicher mit der Familie irgendwo in Großbritannien. Und tatsächlich besuchten wir dort einen Gottesdienst. Vom Gottesdienst, selbst von der Kirche, ist mir nichts in Erinnerung geblieben. Lediglich dieser überraschende Moment, als nach dem Segen plötzlich mehrere Servierwagen mit Kaffee, Tee und Gebäck in die Kirche (!) gefahren wurden und die Leute zwanglos noch ein bisschen zusammenblieben. Für mich als Deutschen damals absolut undenkbar und eine völlig neue Erfahrung.

Heute ist das gang und gäbe. Nennt sich meistens Kirchencafé oder so. In der altehrwürdigen St. Johanniskirche Schweinfurt, ältestes Gebäude der ehemals freien Reichsstadt, laden wir nach ganz besonderen Gottesdiensten sogar mal zum Stehempfang ein, mit Wein und Gebäck, natürlich mit mehreren Frankenweinen zur Auswahl. Und bei der „Vesperkirche“ gibt’s mitten in der Kirche sogar warme Mahlzeiten für alle. Heute völlig normal. Doch diese allererste Erfahrung, dass der „heilige“ Gottesdienstraum auch ein Ort der gemeinsamen Begegnung, des Essens und Trinkens, sein kann – die hat sich mir sehr eingeprägt.

Nun hat’s auch den Kölner Dom erwischt, sozusagen. Doch Köln wäre nicht Köln, wenn es nicht ein wenig anders wäre. Der Dom lädt nicht zum schnöden Kirchencafé, sondern zum ... Frühschoppen! Frühschoppen: Das, was die Männer nach alter Überlieferung früher allsonntäglich in der Lieblingskneipe um die Ecke nach (oder während) dem Gottesdienst erledigten, während ihre holden Eheweiber zu Hause den Braten und die Klöße kochten. Na ja, so stellt „man“ sich jedenfalls die „gute alte Zeit“ vor, die vermutlich nie so „gut“ war (schon gar nicht für die Frauen) und in die manche, so scheint es, trotzdem gerne zurückkehren wollen. Heute würden die meisten wohl eher von „Frühshoppen“ ohne c sprechen und das dann, um im abgedroschenen und hoffentlich weitgehend überholten Klischee zu bleiben, eher den Frauen zuordnen. Wer auch immer die entsprechende Meldung auf der Website des Kölner Doms verfasst hat, ist da wohl auch ein wenig durcheinandergekommen, und so lautet die URL des entsprechenden Eintrags jetzt völlig jenseits all dieser Klischees und aller passenden Rechtschreibung „aktuell/frueshoppen“.

In der Ankündigung ist zwar keine Rede von frühschoppentypischen alkoholhaltigen Getränken, obwohl das Brauhaus „FRÜH am Dom“ mehr oder weniger in Sichtweite liegt und sicherlich jederzeit auch frühmorgens FRÜH liefern könnte. (Böse Zungen würden nun anmerken, dass Kölsch sowieso kein Alkohol ist.) Dafür aber mutiert dieser Frühschoppen offenbar im Lauf des Tages zum Spätschoppen (ein Brauhaus SPÄT in Köln ist uns allerdings nicht bekannt) und die angebotenen Kleinigkeiten wechseln im Lauf des Tages. Ja klar, wer – wie der Kölner Dom – alle paar Stunden Gottesdienstangebote hat, der kann dann auch von FRÜH bis spät (20:30 Uhr) zum anschließenden Zusammenbleiben einladen.

Allerdings nicht in der Kirche, sondern draußen auf dem Roncalliplatz. Das ist nicht direkt der Vorplatz vor dem Haupteingang, sondern rechts daneben, Richtung Germanisches Museum und, na ja, tatsächlich Richtung Brauhaus FRÜH. Vielleicht ganz gut, dass der Ort ein wenig abseits ist, um nicht von Anfang an von den Touristenströmen okkupiert zu werden.

Natürlich werden da trotzdem nicht nur die kommen, die vorher im Gottesdienst waren. Aber auch die Neugierigen, die vorbei kommen, sind herzlich eingeladen: „Herzlich willkommen sind alle, die Gemeinschaft suchen und daran interessiert sind, sich in geselliger Runde über die Predigt des Tages und andere Themen auszutauschen, die uns aktuell am Dom und in der Welt bewegen.“

Das gibt’s allerdings nicht jeden Tag. Am Ostersonntag sind Sie zum ersten Mal eingeladen und dann immer wieder an besonderen kirchlichen Festtagen. Die nächsten Termine finden Sie auf der Homepage, wie gesagt, unter „frueshoppen“, sofern das nicht nochmal geändert wird. Lassen Sie sich’s schmecken, prost, frohe Ostern und auf gute Gespräche und Begegnungen!

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