Sportverbot für Transfrauen?

Wolfgang Schürger mithilfe von OpenAI, DALL-E
Olympische Ringe und Pride Flag
Spitzensport
Sportverbot für Transfrauen?
Mit einer ganzen Reihe von Dekreten hat Donald Trump in den letzten Wochen Transpersonen ausgegrenzt. Er folgt dabei einem humanwissenschaftlich nicht haltbaren und theologisch nicht tragbaren biologistischen Konzept von personaler und geschlechtlicher Identität, meint Wolfgang Schürger.

Genau eine Woche ist es her, dass US-Präsident Donald Trump ein Dekret unterzeichnet hat, das Transfrauen de facto vom Sport ausschließt. „Keine Männer im Frauensport“ heißt es – und spiegelt damit sehr deutlich das Geschlechterbild der neuen Rechten wider. Schon allein der Titel ist also ein Schlag ins Gesicht jeder Transperson – ihre Personalität und Identität wird mit diesem Titel einfach geleugnet.

Im Spitzensport wird schon seit Jahren über die Zulassung von Transfrauen zu Wettkämpfen diskutiert: Das männliche Sexualhormon Testosteron fördert nicht nur die Potenz, sondern auch den Muskelaufbau – und wird daher immer wieder als Doping-Mittel eingesetzt. Bei den Olympischen Spielen in Paris im letzten Jahr durften die französische Sprinterin Halba Diouf, die englische Profi-Radfahrerin Emily Bridges und die US-amerikanische Schwimmerin Lia Thomas daher nicht starten, weil ihre jeweiligen Verbände die Teilnahme von Transfrauen an Wettkämpfen ausschließen. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) betont zwar in seinen Leitlinien für Fairness, Inklusion und Nichtdiskriminierung, dass grundsätzlich niemand aufgrund der sexuellen Identität ausgeschlossen werden solle, legt aber die Entscheidung darüber, wie gleichzeitig ein fairer Wettkampf garantiert werden kann, in die Hände des jeweiligen Spartenverbandes. Wie eine Recherche der Frankfurter Allgemeinen Zeitung zeigt, ist bis auf den Weltboxverband die Teilnahme von Transmännern in der Männerkategorie in allen Sparten selbstverständlich, Transfrauen müssen allerdings in den meisten Sparten über 24 Monate einen Testosteronwert von unter 2,5 nmol/l nachweisen.

Der Deutsche Olympische Sportbund betont auf seiner Webseite, dass er sich für „die Beseitigung bestehender Diskriminierungen sowie die Öffnung des binären Geschlechtersytems“ einsetzt. Was das in der konkreten Praxis bedeutet, bleibt unklar.

Deutlicher wird der Schweizer Verband (Swiss Olympic), der auf seiner Webseite ein ausführliches Factsheet veröffentlicht. Dieses liefert zunächst allgemeine Informationen zu Transsexualität, betont dann die generelle Öffnung der Männer-Wettkämpfe aller Sparten für Transmänner und formuliert eine deutlich differenzierende Position hinsichtlich Transfrauen. Die Kernaussage lautet:

„Ohne wissenschaftlich basierte Evidenz muss davon ausgegangen werden, dass Personen keine unfairen Vorteile haben, nur aufgrund von Geschlechtervariationen, speziellen körperlichen Merkmalen oder weil es sich um Transathletinnen handelt.“

Restriktionen dürften daher nur ausgesprochen werden, wenn aufgrund von wissenschaftlichen, peer-geprüften Studien ein dauerhafter, überproportionaler Leistungsvorteil nachgewiesen werde.

Diese Restriktionen sollen auch ausschließlich im Spitzensport zur Anwendung kommen, nicht aber im Breitensport. Denn: „Gerade im Amateur- und Breitensport sind Selbstbestimmung und das physische und psychische Wohlergehen der Athletinnen hoch zu gewichten. Swiss Olympic empfiehlt deshalb, die Teilnahme von Transfrauen an Frauenwettkämpfen grundsätzlich zu ermöglichen. Auf jeden Fall soll in entsprechenden Fällen bei betroffenen Vereinen und Teams Aufklärungsarbeit geleistet und Toleranz geschaffen werden.“

Donald Trump dagegen geht es um gezielte Ausgrenzung von Transfrauen, wie Stefanie Sippel in einem Kommentar in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung betont. De facto bedeute das Dekret ein Sportverbot für Transfrauen, da der Breitensport in den USA in der Regel vor allem im schulischen und universitären Kontext stattfinde. Genau diesen aber droht das Dekret mit dem Entzug von Fördermitteln, wenn sie weiterhin Transfrauen zum Sport zulassen.

Dass Stefanie Sippels Einschätzung zutreffend ist, zeigt auch die Tatsache, dass Trump bereits in den Tagen zuvor weitere Dekrete gegen Transpersonen unterzeichnet hat. Unter anderem schloss er diese wieder vom Militärdienst aus – Transpersonen hatten lange für diese Möglichkeit gekämpft. Erst im letzten Regierungsjahr von Barack Obama konnten sie dann den Erfolg feiern, den Donald Trump aber bereits im Jahr 2017 wieder rückgängig machte. Joe Biden hob die Einschränkung am 30. Januar 2021 wieder auf.

Noch schlimmer trifft Trumps Gender-Wut Transfrauen im Strafvollzug: Transfrauen dürfen nicht mehr in Frauengefängnissen untergebracht werden. Auch die geschlechtsangleichende medizinische Versorgung wird ihnen während der Gefangenschaft nicht mehr gewährt. Es braucht nicht viel Phantasie, um sich vorzustellen, was Transfrauen in einem Männergefängnis durchmachen könnten…

Unterstützung erhält Trump aus den konservativen Kreisen der römisch-katholischen Kirche: Robert Barron, Bischof von Winona-Rochester in Minnesota, begrüßt, dass Trump medizinische Behandlungen einschränken lässt, die „auf einem falschen Verständnis der menschlichen Natur basieren“. Barron erliegt dabei einem Biologismus, der längst nicht mehr wissenschaftlich begründbar ist, aber in der römisch-katholischen Dogmatik und Sexualmoral leider immer noch zu finden ist.

In den Humanwissenschaften ist es common sense, dass die personale und geschlechtliche Identität im Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren entstehen: neben biologischen Merkmalen spielen dabei kulturelle Prägungen, soziale Kontexte und psychische Selbstwahrnehmung eine entscheidende Rolle. Die „Natur“ menschlicher Personen ist also viel vielfältiger als Bischof Barron dies voraussetzt.

Im christlichen Miteinander soll keines dieser Merkmale eine entscheidende Rolle spielen, wie der Apostel Paulus im Brief an die Galater betont: „Hier ist nicht Jude noch Grieche, hier ist nicht Sklave noch Freier, hier ist nicht Mann noch Frau; denn ihr seid allesamt einer in Christus Jesus.“ (Gal 3,28) Nicht der kulturelle Unterschied zwischen Juden und Griechen noch der soziale Unterschied zwischen Sklaven und Freien noch der biologische Unterschied zwischen Mann und Frau spielen für Paulus eine Rolle – gemeinsam, in aller Vielfalt und Verschiedenheit, sind wir in der christlichen Gemeinschaft Menschen in der Nachfolge Christi.

Quellen:

https://www.deutschlandfunk.de/us-sport-hochschulverband-ncaa-kuendigt-wettkampf-verbot-fuer-trans-athletinnen-an-100.html

https://www.faz.net/aktuell/sport/sportpolitik/donald-trump-grenzt-aus-sein-dekret-gegen-transsportlerinnen-110280456.html

https://www.faz.net/aktuell/sport/mehr-sport/olympia-warum-transathletinnen-nicht-starten-duerfen-19695912.html

https://www.dosb.de/themen/mensch-und-sportverein/geschlechtergerechtigkeit-im-sport

https://www.swissolympic.ch/dam/jcr:8349fb75-f325-4708-b11d-f86a18a24d2b/Factsheet%20Transgender%20Athlet_innen%202022%20DE.pdf

https://www.vaticannews.va/de/welt/news/2025-01/usa-bischoefe-unterstuetzen-trump-dekret-transgender.html

 

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