Duftmarken im Rat der EKD setzen

Duftmarken im Rat der EKD setzen
Michael Diener, Praeses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes, ehrenamtlicher Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, berufenes Mitglied der 12. Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).
Foto: epd-bild/Norbert Neetz
Michael Diener ist Ratsmitglied der EKD, Praeses des Evangelischen Gnadauer Gemeinschaftsverbandes und ehrenamtlicher Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz.
Die EKD hat am 10. November 2015 bei ihrer 12. Synode in Bremen die Mitglieder des Rates der EKD gewählt. Unter den 15 neuen (und alten) Mitgliedern ist Michael Diener, ein Theologe aus dem evangelikalen Spektrum. Welches Gewicht bekommen damit evangelikale Stimmen gegen Homosexualität?

Michael Diener ist Mitglied im Vorstand von ProChrist, einem Missionierungsfestival mit evangelikaler Ausprägung. Den Vorsitz des Vereins ProChrist e.V. hat der Homoheilungsbefürworter und "Ex-Gay"-bewegte Roland Werner vor. Bei ProChrist kommen regelmäßig homophobe Redner_innen zu Wort.

Seit 2012 ist Michael Diener zudem Vorsitzender der Deutschen Evangelischen Allianz, ein evangelikaler Zusammenschluss, der sich konservativ-theologisch und (weitestgehend) ablehnend gegenüber homosexuellen Menschen äußert. Seit 2009 ist Diener Präses des Gnadauer Gemeinschaftsverband, ein pietistischer Dachverband verschiedener evangelischer (Bildungs-)Einrichtungen in Deutschland. Im Präsesbericht 2014, der sich eigens dem Thema Homosexualität widmet, ist zu lesen, dass die Gnadauer Homosexualität zusammen mit Habgier und Bosheit als Sünden, die den Zorn Gottes auf sich ziehen, deuten.

Auf diversen konservativ-evangelischen Plattformen wird Diener für seine Haltung zur Homosexualität bejubelt, wenn er auch manch einem *Fundamentalisten* nicht weit genug geht und als Verräter gilt, weil er sich immerhin Gedanken darüber mache, wie man "homosexuell Lebende" in Gemeinden "trotzdem" ein Bleiberecht einräumen könnte. Angesichts der fortgeschrittenen Zeit, in der wir leben, mag dieser Sachverhalt nur noch zum Kopfschütteln einladen: Willkommen im vorletzten Jahrhundert!

Auf Michael Dieners Facebook-Seite postete zwei Tage nach der Wahl ein Fan eine Lobeshymne auf dessen Politik und Theologie. Die evangelische Kirche in Deutschland habe mit der Wahl Dieners in den Rat zudem das Signal gesetzt, dass der Pietismus an vorderster Stelle zum Evangelischen dazugehöre. In den Kirchenleitungen vertraue man ihm – das habe das Ergebnis der Wahl unterstrichen.

Hat dieser Facebook-User recht? Haben evangelikale Stimmen, die z.B. Homosexualität heilen wollen und sie – genau wie Trans*sexualität* – im gleichen Atemzug mit Pädophilie/Pädosexualität eine sexuelle Störung nennen, durch Michael Diener im Rat ein Gewicht?

Auch wenn Diener als ein eher gemäßigter Vertreter der Evangelikalen gilt, lehnt er auf jeden Fall ein Zusammenwohnen im Pfarrhaus sowie Segnungen gleichgeschlechtlicher Partner_innenschaften ab. Homosexualität sei nicht zu bejahen – dies verbiete ihm der biblische Befund. Dabei beruft er sich auf ein überholtes Modell der Bibelinterpretation, das die – obgleich bekannt widersprüchlichen – Aussagen der biblischen Bücher wortwörtlich nimmt und weder historisch-kritisch analysiert noch narratologisch rahmt.

Ein weiterer Facebook-Freund Dieners klopfte ihm anerkennend auf die virtuelle Schulter: "Jetzt kann Michael Diener seine Duftmarken im Rat setzen".

Ich finde es ein bedenkliches Zeichen, eine Person, die so extrem ausgewiesen ist durch ranghohe Mitgliedschaften in evangelikalen, theologisch-konservativen Kreisen, in den Rat der EKD zu wählen.

Es liegt nun in den Händen des Rates und seines Vorsitzenden, dass die Duftmarken der Evangelikalen nicht zum Stallgeruch der EKD werden.

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