Sie wollen nur ein normales Leben führen

Sie wollen nur ein normales Leben führen
Wie leben Flüchtlinge in Europa, bevor sie zu uns nach Deutschland kommen? Landesbischof Markus Dröge (EKBO) macht sich vom 10. bis 13. Juni in Italien selbst ein Bild. Hier berichtet er von seinen Erlebnissen auf der Reise.

Freitag, 12. Juni 2015

Luis hat einen Aufenthaltstitel in Italien und hat nach acht Jahren noch immer keine feste Arbeit. Mit 17 Jahren floh er als Minderjähriger aus Mali nach Italien. Er spricht perfekt Italienisch, hat Praktika und eine Ausbildung gemacht. Eine Arbeit zu finden ist für ihn schwer, trotz der Unterstützung der Flüchtlingshilfsorganisation "Federazione delle chiese evangeliche in Italia" (FSCE). Die Organisation kümmert sich ehrenamtlich um Flüchtlinge, um ihnen zu helfen, in der italienischen Gesellschaft Fuß zu fassen.

Luis ist zu einem Treffen gekommen, das ich heute mit verschiedenen Flüchtlingshilfsorganisationen hatte. Sie haben von dem geregelten und differenzierten Aufnahmesystem berichtet, das Italien in den letzten Jahren ausgebaut hat. Zugleich haben es Flüchtlinge und Migranten auf dem italienischen Arbeitsmarkt noch schwerer als Italiener schon derzeit selbst. Wenn sie arbeitslos sind, dann springt die Familie ein. Ein Sozialhilfesystem, vergleichbar wie in Deutschland, gibt es nicht. Flüchtlinge sind da auf sich allein gestellt. Nur wer einen Wohnsitz hat, hat einen Zugang zu medizinischer Versorgung. Aber ohne Arbeit kein Wohnsitz und keine medizinische Versorgung.

Das ist ein Teufelskreis. Luis hat Glück und ist derzeit noch in einem staatlichen Zentrum für noch zwei Monate untergebracht. Wenn er aber in zwei Monaten dort ausziehen muss, dann braucht er eine Arbeit, sonst bleibt ihm nichts anderes übrig, als auf der Straße zu leben. So geht es auch vielen anderen Flüchtlingen. "Ich will doch nur ein normales Leben leben", hat er verzweifelt gesagt. Ich bin jetzt auf dem Weg zu einem Platz an dem Migranten ohne festen Wohnsitz in ihren Zelten leben.

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Wir sind in der Fastenzeit. Die Zeit des Weniger. Und ich habe eine große Sehnsucht nach Pausen, nach Stille, nach Tagen mit nur einer Aufgabe und nicht 87, von denen 85 eigentlich zu groß für mich sind. Tage, an denen ich nebenbei noch die Demokratie retten, mich zu Trumps Bosheit verhalten, alle meine Glaubensgeschwister verstehen und zu allen Brücken bauen soll, die ganz anders sind als ich.

Deshalb heute: Ein Lob auf das Weniger. Geschrieben für euch - und auch für mich selbst.