Der Osterhase. Mystische Figur, Kinderphantasie, Schoko-Hohlfigur, sitzend oder stehend und alleine dadurch schon Kulturkampfdiskussionen auslösend. War er früher noch Teil eines großen Teams von eierbringenden Tieren und Gegenständen (laut Wikipedia Fuchs, Kuckuck, Storch, Hahn und die Kirchenglocken, die Gründonnerstag nach Rom fliegen und am Sonntag zurückkehren), hat er heute, wohl aufgrund der zunehmenden Schokoladisierung und Standardisierung des Ostergeschäfts, eine Monopolstellung, die mal von der EU untersucht werden sollte.
Nur um das klarzustellen: Biblisch ist er nicht, auch wenn es da eine Stelle in Psalm 104,18 gibt, wo in älteren Übersetzungen vom Hasen die Rede ist, ist aber wahrscheinlich falsch. Möglicherweise geht es, wie beim Osterei auch, um die Symbolik des Lebens, das sich nun im Frühjahr wieder Bahn bricht. Angesichts der großen Nachkommenschar des Hasen wäre das irgendwie naheliegend.
Gut also. Während der Weihnachtsmann jetzt gerade seinen wohlverdienten Urlaub irgendwo auf einer geheimen Pazifikinsel verbringt, ist der Hase gerade voll im Einsatz. Aber in Zeiten des Klimawandels steigt er offensichtlich auch mal auf den öffentlichen Personennahverkehr um, um sein Ziel zu erreichen. Das wurde ihm nun kurz vor Ostern zum Verhängnis: In einem Regionalzug bei Würzburg wurde er von Fahrgästen entdeckt und schließlich von der Polizei mitgenommen. Ob er einen gültigen Fahrschein hatte, ist nicht bekannt. Auch über das polizeiliche Verhör ist uns nichts zu Ohren gekommen. (Dass er schon von Beginn an in einer Transportbox saß, verschweigen wir an dieser Stelle mal.) Die Beamten hätten allerdings keine Ostereier im Zug gefunden, heißt es in der offiziellen Meldung des Bayerischen Rundfunks.
Das Bahn-Unternehmen Arverio jedoch ist da deutlich weniger skeptisch. Ein alleine reisender Hase kurz vor Ostern? Da sei es doch sehr wahrscheinlich, "dass es sich um den Osterhasen auf dem Weg zur Arbeit gehandelt hat".
Jedenfalls sitzt er nun in einem Würzburger Tierheim und wartet auf seine Abholung. Könnte schwierig werden mit der Eierauslieferung in diesem Jahr, wenn der Osterhase hinter Gittern sitzt. Das kommt davon, wenn man alles alleine machen will und seinem Ex-Kollegen, dem Fuchs, gute Nacht sagt. Jetzt kann ihn niemand mehr vertreten.
Erinnert ein bisschen an die fatale Situation im Weihnachtsfilm „Das Wunder von Manhattan“, wo der echte Weihnachtsmann erst kurz vor Schichtbeginn aus dem Gefängnis entlassen wird und dann natürlich alles gut wird und zu einem schönen, schneebedeckten und schnulzigen Ende mit Hochzeit führt.
Gut, Schnee wollen wir jetzt zu Ostern nicht unbedingt. Eine Hochzeit? Warum nicht? Wäre doch schön und herzerwärmend. Aber na ja, wenn der Osterhase nicht kann (oder doch noch kann, aber die Bahn Verspätung hat) – müssen wir Erwachsenen halt wieder ran und die Eier verstecken, um das happy end herbeizuführen. Also eigentlich so wie jedes Jahr. Aber psssst!