Bau dir deine Kirche selber!

Notre Dame de Paris
Bau dir deine Kirche selber!
Wozu Notre Dame wieder aufbauen? Lego ist doch viel günstiger...

Erinnern Sie sich noch? Vor gut fünf Jahren gingen die Bilder vom verheerenden Brand der berühmten „Notre Dame de Paris“ um die Welt. Am 15. und 16. April 2019 zerstörte ein Feuer große Teile der berühmten Kathedrale. Eine große Welle der Hilfsbereitschaft ging um die Welt. Und das Ereignis brannte sich ins kollektive Gedächtnis. Als nun – ähnlich katastrophal – Kopenhagens historische Börse brannte, sprachen manche vom „Notre-Dame-Moment“ Dänemarks.

Bald soll sie wieder eröffnet werden, die wieder aufgebaute Kirche. Dabei hätten wir das alles doch viel schneller und günstiger haben können: Ab 1. Juni gibt’s Notre Dame bei Lego. Ein Set für Erwachsene in der „Architecture“-Reihe, in der beispielsweise bereits die Cheops-Pyramide (architektonisch jetzt eher langweilig) oder auch ganz London zu haben sind, letzteres für günstige 39,99 € mit 468 Teilen.

Aber so eine historische Kirche ist da schon was ganz anderes! Ganze 4838 Teile umfasst das Bauwerk, für 229,99 € gehört es Ihnen. Viel Geld? Wie man’s nimmt: Günstiger als das Original ist es auf jeden Fall. Und Sie können das Dach abnehmen und hineinschauen.

Schon als Kind habe ich allerdings eines nicht so richtig verstanden: Warum es eigentlich bei diesem so wunderbar vielseitigen Spielzeug Sets gibt, die ich haarklein nach Anleitung nachbauen muss und dann irgendwohin stelle.

Vielleicht ist das in Wirklichkeit auch unser Problem mit Kirche? Ich meine jetzt nicht das Gebäude, sondern die Christenheit in Deutschland. Vielleicht schauen wir immer noch zu sehr auf die Modelle, auf die fixen Anleitungen von früher. Lächeln über die Versuche, aus dem Kathedralen-Set lieber eine Stadt oder ein Raumschiff zu bauen - dabei gibt es ja sogar das raumschiff.ruhr.

Ja, Notre Dame ist ein imposantes Gebäude. Es zu betreten, gibt vielen Menschen ein erhebendes Gefühl. Es ist ein Ort, an dem Menschen die Gegenwart Gottes spüren können, wie in vielen anderen Kirchen auch. So was brauchen wir auch in Zukunft, glaube ich. Aber noch mehr ist es ein architektonisches Zeugnis einer vergangenen Zeit. Ein Bauwerk, das unglaublich viel Geld und Aufmerksamkeit verschlingt.

Was bräuchten wir denn heute? Wenn wir „Kirche“ herunterbrechen auf ihre kleinsten Bauelemente und sie so neu zusammensetzen, wie wir sie wirklich haben wollen – was würde dann entstehen? Wo wachsen Gemeinschaften? Wo wird fröhliche oder auch bewegende Musik gemacht? Wo und wie feiern und spüren wir gemeinsam Gottes Nähe? Wo achten wir aufeinander, helfen uns, wo es nötig ist, sorgen füreinander? Wo ist Platz für den Heiligen Geist, gerade jetzt an Pfingsten? Platz für Be-geisterung?

Vermutlich nicht in der großen Kathedrale. Vielleicht müssen wir unsere Vorstellung von Kirche noch viel konsequenter auseinandernehmen und neu aufbauen. Im meinem Keller liegen noch viele Kisten mit alten Legosteinen. Vielleicht ist auch von meinen Kindheitserfahrungen mit dem Glauben heute noch manches brauchbar?

Wie sähe Ihre Lego-Kirche aus? Bauen wir doch einfach mal drauflos. Bausteine haben wir genug.



 

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