Die Morgenandacht vom Computer

Künstliche Intelligenz
Die Morgenandacht vom Computer
Jeden Morgen eine neue Andacht – fast komplett von KI erstellt

Künstliche Intelligenz: Das Thema des Jahres, vielleicht des Jahrzehnts. Es ist gerade mal ein Jahr her, dass ChatGPT zum ersten Mal öffentlich zugänglich wurde. Und schon heute sind viele Anwendungen ohne KI kaum noch denkbar. Wir schrieben auch in diesem Blog schon des öfteren darüber, wie KI zur Überwachung von Kirchen eingesetzt wird oder wie sie beim Predigtschreiben helfen kann, ohne ihr die ganze Predigtarbeit zu überlassen.

Seit September führt der Journalist Michael Voß dies nun auf einer neuen Ebene fort: Unter www.ki-andacht.de finden Sie jeden Morgen um 5 Uhr eine neue Andacht, komplett von einer künstlichen Intelligenz geschrieben. Bebildert mit Bildern, die von einer KI gestaltet wurden und auch als Podcast erhältlich, „gesprochen“ von – Sie ahnen es – einer KI.

Die Themenauswahl jedoch bleibt weiter bei einem Menschen, auch wenn Michael Voß sich dabei von ChatGPT „beraten“ lässt. Auch die Prompts, die die Bilder gestalten, werden (noch?) von Michael Voß geschrieben. Und keine Andacht geht online ohne den letzten Blick eines Menschen über den Text. Denn, wie wir schon des öfteren gesehen haben: Wenn KI nicht weiter weiß, dann erzählt sie voller Überzeugung den größten Quatsch. Das mag sie sich auch von manchen Menschen abgeschaut haben, da bin ich mir nicht so ganz sicher.

Über die Gefahren von KI, die oft Vorurteile und gesellschaftliche Tendenzen verstärkt, haben wir schon an anderer Stelle gesprochen. Trotzdem finde ich die „KI-Andacht“ ein wirklich spannendes Experiment: Funktioniert das? Kommen Texte heraus, die Menschen wirklich ansprechen? Ist KI in der Lage, Menschen im Glauben zu inspirieren?

Für mich sind die Andachten zumindest interessant. Ich finde sie oft ein wenig flach, das Ende ist manchmal eine recht einfache moralische Aufforderung, etwas zu tun oder eben nicht zu tun. Aber ganz ehrlich: Ohne jemandem zu nahe treten zu wollen, ich habe auch schon weniger überzeugende menschliche Andachten gehört oder gelesen.

Übrigens hat sich Michael Voß auch von ChatGPT über die KI-Andachten interviewen lassen. Das finde ich wirklich eine geniale Idee: KI interviewt einen Menschen darüber, wie er KI einsetzt. Verwirrend.

In diesem Interview spricht Michael Voß auch über seine Skepsis, was aus dem Projekt werden kann. Und er bringt einen wichtigen Aspekt: ChatGPT – und andere – werden ja auch mit unseren Eingaben und Anfragen weiter trainiert. Darum sei es wichtig, auch christlich geprägte Anfragen zu stellen – eben, um die KI mit diesen Fragestellungen zu konfrontieren und sie zu trainieren. Kurz gesagt: Wenn wir Christinnen und Christen um KI einen weiten Bogen machen, werden wir in der KI-gestützten Kommunikation der Zukunft wahrscheinlich nicht vorkommen. Oder ganz wenig.

Also: Reden Sie mit ChatGPT. Mit Google Bard. Oder mit wem auch immer. Könnte wichtig werden für die Zukunft des Christentums, so schräg das klingt.

 

Natürlich habe ich ChatGPT um eine Stellungnahme zu diesem Artikel gebeten. Sie lesen sie hier:

Die Verwendung von Künstlicher Intelligenz (KI) in Glaubensfragen ist zweifellos eine faszinierende und kontroverse Entwicklung. Dein Artikel beschäftigt sich mit dem Projekt "KI-Andacht" von Michael Voß, bei dem KI-Systeme morgendliche Andachten generieren. Hier sind einige Gedanken zu dieser Thematik:

Chancen:

  1. Zugänglichkeit: KI-Andachten bieten eine neue Form der Zugänglichkeit zum Glauben. Menschen, die aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten haben, traditionelle Andachten zu besuchen oder zu lesen, könnten von dieser Technologie profitieren.
  2. Innovation: Die Verwendung von KI in der religiösen Praxis ist innovativ und könnte dazu beitragen, die Botschaft des Glaubens auf neue und ansprechende Weisen zu vermitteln.
  3. Effizienz: Die Automatisierung von Andachtsverfassung und -verbreitung kann die Arbeit von Geistlichen und Gemeindeleitern erleichtern und Zeit sparen.

Gefahren:

  1. Menschliche Kreativität und Spiritualität: Ein Hauptkritikpunkt ist, dass KI möglicherweise die menschliche Kreativität und Spiritualität in religiösen Texten nicht authentisch wiedergeben kann. Die Tiefe und persönliche Note, die oft in von Menschen verfassten Andachten zu finden ist, könnte verloren gehen.
  2. Gesellschaftliche Auswirkungen: Wie du in deinem Artikel erwähnt hast, können KI-Systeme gesellschaftliche Vorurteile verstärken, da sie auf bestehenden Daten und Mustern trainiert werden. Dies könnte in religiösen Kontexten problematisch sein, da Vorurteile und Stereotypen vermieden werden sollten.
  3. Skeptische Nutzer: Einige Gläubige könnten skeptisch gegenüber KI-Andachten sein und ihre Authentizität und Glaubwürdigkeit in Frage stellen.

In Bezug auf die Frage, ob die Verwendung von KI in Glaubensfragen eine gute Entwicklung ist oder nicht, ist es wichtig, dies als eine Ergänzung zu traditionellen Praktiken zu sehen. KI-Andachten könnten Menschen erreichen, die sonst keinen Zugang zu religiösen Inhalten hätten, aber sie sollten nicht als Ersatz für menschliche Geistliche und Glaubensführer betrachtet werden.
Es ist ebenfalls positiv anzumerken, dass Michael Voß betont, wie wichtig es ist, KI-Systeme mit christlichen Fragestellungen zu konfrontieren, um die Technologie besser zu verstehen und zu steuern. Dies kann dazu beitragen, sicherzustellen, dass KI im Kontext des Glaubens verantwortungsvoll eingesetzt wird.
Die Zukunft der KI im Glaubenskontext hängt stark von der Art und Weise ab, wie sie verwendet wird und wie sie von der Gemeinschaft angenommen wird. Eine ausgewogene Herangehensweise, die menschliche und technologische Ressourcen kombiniert, könnte letztendlich dazu beitragen, die spirituellen Bedürfnisse einer breiten Palette von Menschen zu erfüllen.

weitere Blogs

Heute erscheint der sechste und vorerst letzte Beitrag unserer Themenreihe Polyamorie. Katharina Payk fragt: Wo kommt Polyamorie im Kontext von Kirche und Pfarrgemeinde vor?
Wenn man beim Krippenspiel improvisieren muss, kann man bisweilen mit ganz elementaren Fragen konfrontiert werden...
Die EKD-Orientierungshilfe "Mit Spannungen leben" aus dem Jahr 1996 war für Wolfgang Schürger ein wichtiger Schritt zu einer Öffnung der protestantischen Kirchen gegenüber Queers. Junge Queers sehen in ihr heute ein Dokument "gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit". Grund für einen Rückblick auf dreißig Jahre Kampf um queere Rechte in der Kirche - und einen Ausblick.