Christi Blut, für dich gebacken

Christi Blut, für dich gebacken
Die Corona-Pandemie macht auch beim Abendmahl erfinderisch.

Corona und die damit verbundenen Kontaktbeschränkungen hat uns Christinnen und Christen teilweise ganz schön aus der Bahn gehauen. Gottesdienste wie bisher sind kaum noch möglich. Alles, was Gemeinschaft befördert – und was wir eigentlich so sehr lieben und was uns zusammenschweißt, ist nicht mehr möglich. Keine Umarmungen, kein gemeinsames Singen im Gottesdienst (oder jedenfalls nicht so viel wie sonst), kein gemeinsames Kaffeetrinken und so weiter. Aber vor allem: Kein Abendmahl. Oder jedenfalls auch das nicht so wie gewohnt.

Wie sollen wir gerade beim Abendmahl die Ansteckungsfreiheit gewährleisten? Mit den Hostien geht’s vielleicht noch irgendwie, aber gemeinsam aus einem Kelch trinken ist derzeit definitiv nicht drin. Auf einmal sehen die Kaffeemilchbehälter aus den USA, die jeweils eine Hostie und einen Schluck Wein enthalten, gar nicht mehr so blödsinnig aus. Produzieren halt nur eine Unmenge Plastik.
Natürlich ist es theologisch kein wirkliches Problem, wenigstens für eine Weile nur die Hostie zu verteilen und auf den Wein oder Traubensaft ganz zu verzichten. Doch das Gefühl bleibt: Hier fehlt etwas zum Ganzen. 

Die Hostienbäckerei in Neuendettelsau in Bayern hat nun einen Weg gefunden, wie sowohl Brot als auch Wein zu den Menschen kommen können, und dabei die Ansteckungsgefahr trotzdem zu reduzieren: Der Wein kommt einfach zusammen mit der Hostie! Bereits beim Anmischen des Teiges wird ein Viertel des Wassers einfach durch Abendmahlswein ersetzt. Mehr nicht, da der Teig sonst an den Formen festklebt. Die „Weinhostien“ werden dann allerdings auch einzeln in Plastik verpackt, ein Zugeständnis an die derzeitige Situation. Immerhin hat die Leiterin der Hostienbäckerei, die Oberin der Neuendettelsauer Diakonissen Erna Biewald, nun eine Firma gefunden, die kompostierbare Zellophanhüllen liefert. Und noch eine sehr wichtige Eigenschaft haben diese Tüten: Sie können „auch von etwas zittrigen Personen geöffnet werden“. Wäre ja blöd, wenn dann doch wieder der Banknachbar oder die Banknachbarin eingreifen müsste und damit das Abstandsgebot verletzen würde.

Ehrlich gesagt, kann ich den Wunsch nach einem „vollständigen“ Abendmahl durchaus verstehen. Für manche mag diese „Weinhostie“ in Zeiten der Pandemie eine Lösung sein, Leib und Blut Jesu Christi zu empfangen. Mir kommt es trotzdem seltsam vor. Lieber beschränke ich mich auf die Hostie und spüre, dass im Augenblick eben nicht alles „normal“ läuft. Dass wir eben noch nicht alles so tun können, wie wir es aus Vor-Corona-Zeiten gewohnt sind. Umso schöner wird es dann hoffentlich eines Tages sein, wenn wir wieder wie früher uns zum Friedensgruß in den Arm nehmen oder zumindest die Hand schütteln können, wenn wir wieder aus vollem Hals singen können – und wenn wir wieder Brot und Wein gemeinsam zu uns nehmen können.

weitere Blogs

Bunte Türen in Regenbogenfarben
"Effata" heißt auf aramäisch öffne dich! In diesem Impuls geht es um das Hören und Nicht-Hören eines tauben Menschen in der Bibel (Markus 7, 31-37) und um queere Personen heute, die keine abwertenden Kommentare mehr hören und trotzdem offen leben wollen.
Briefausschnitt
Organspende ist ein medial ein großes Thema. Es gibt zahlreiche Reportagen über Organempfänger und was sie in ihrem neu gewonnenen Leben so alles tun. Über die Hinterbliebenen der Organspender erfährt man deutlich weniger...
Der dritte Teil unserer Reihe fragt, wie es in Theologie und Kirche eigentlich bestellt ist um das Thema "Polyamorie" und wagt erste Erkundungen durch ein wenig beachtetes Feld.