Dreikönigsschwarzseher und Blackfacepalming

Dreikönigsschwarzseher und Blackfacepalming

Neulich hat die Sendung Wetten dass, obwohl ich sie gar nicht gesehen hatte, mir ein neues Wort beschert, das ich bis dahin nicht kannte. Sie wissen schon: Blackface. In der Stadtwette in Augsburg ging es darum, dass möglichst viele Augsburger verkleidet als Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer auf die Bühne kommen sollten.

 

Alle Jahre wieder: #Blackface an der Haustüre in Gestalt der Heiligen Drei Könige. ... #schauhin

— JoSommerfugl (@JoSommerfugl) 6. Januar 2014

Blackface war mir bis dato tatsächlich unbekannt. Auch Wikipedia schreibt ja, dass diese Theaterform in Deutschland „keine hohe Bekanntheit erlangt“ hat. Aber mal langsam. Worum geht es eigentlich? Lassen Sie uns nochmal Wikipedia zitieren:

 

Blackface ist eine rassistisch geprägte Theater- und Unterhaltungsmaskerade, die in den Minstrel Shows des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten entstand. Dabei malten sich weiße Künstler das Gesicht schwarz und spielten den „naiven, trunkenen, schwachsinnigen und immer fröhlichen Neger“, so wie vor allem nordamerikanische Weiße sich Schwarze vorstellten.

Hm. Dumm nur, dass Jim Knopf überhaupt nicht naiv, trunken und schwachsinnig ist. OK, naiv vielleicht schon. So naiv wie ein kleiner Junge eben ist, unabhängig von seiner Hautfarbe. Aber ansonsten ist er doch der Held der Geschichte. Der, auf den es ankommt. Der, der die Prinzessin vor dem Drachen rettet! Das ist für mich so weit von dem US-Neger-Klischee des vorletzten Jahrhunderts entfernt wie es nur irgendwie geht.

Aber natürlich war absehbar, was nun am 6. Januar passiert. Sie wissen schon: Kinder ziehen von Haus zu Haus, verkleidet als die Heiligen Drei Könige. Einer davon, o Gott! Schwarz geschminkt! Wer, wie ich, auf Twitter das Stichwort „Kirche“ zumindest sporadisch beobachtet, hat die üblichen Vorwürfe sicher schon gelesen. Zunächst mal: „Jetzt schickt die reiche Kirche schon die Kinder zum Betteln“. Was für eine Missachtung des großen Engagements von Kindern für Kinder! (Mehr dazu in meinem Artikel „Die fünf heiligen drei Könige“ von 2010)

Und natürlich: Blackfacing! Wie könnt ihr euch nur schwarze Farbe ins Gesicht malen! Ihr diskriminiert die Schwarzen!
Ich erinnere nochmal an Wikipedia.

Blackface ist eine rassistisch geprägte Theater- und Unterhaltungsmaskerade, die in den Minstrel Shows des 19. Jahrhunderts in den Vereinigten Staaten entstand. Dabei malten sich weiße Künstler das Gesicht schwarz und spielten den „naiven, trunkenen, schwachsinnigen und immer fröhlichen Neger“, so wie vor allem nordamerikanische Weiße sich Schwarze vorstellten.

####LINKS####Davon ist der schwarze König (!), einer der drei Weisen (!) aus dem Morgenland, der einen ganzen Erdteil repräsentiert und wohlriechende Myrrhe als Geschenk bringt, einfach meilenweit entfernt. Das wäre ungefähr so, als würde man Goethe vorwerfen, er habe Schundromane geschrieben, weil er genau wie diese Buchstaben, Worte und Sprache verwendet.

Liebe Kritiker, sicher gibt es vieles, was in unserer Kirche falsch läuft und was zu Recht angeprangert und verändert werden muss. Aber den Kindern, die hier ihre Freizeit opfern, um ärmeren Kindern zu helfen, Rassismus vorwerfen? Darauf kenne ich nur eine Reaktion: Palmfacing. Ich meine, Facepalm. Wenn Sie nicht wissen, was das ist, schauen Sie doch mal bei Wikipedia nach.

Ein gesegnetes Epiphaniasfest Ihnen allen. Gehen Sie nicht gleich auf die Palme.

Nachtrag: Dokumentation der Twitter-Diskussion mit @JoSommerfugl http://storify.com/citykirche_sw/blackfacing-und-heilige-drei-konige

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