Bitte predigen Sie nicht so gut!

Bitte predigen Sie nicht so gut!

Letzten Sonntag predigte ich mal wieder aushilfsweise in einer Gemeinde. Das tue ich gern, da ich ja in meiner Sonderpfarrstelle keine sonntäglichen Gottesdienste habe und es mir manchmal schon ein wenig fehlt. Andererseits bin ich auch ein wenig aus der Übung. So richtig zufrieden war ich nicht mit dem, was ich da der Gemeinde erzählte. Am liebsten hätte ich statt „Amen“ „Entschuldigung“ gesagt.

Doch schon als Gemeindepfarrer kannte ich dieses seltsame Phänomen, das mir auch viele Kolleginnen und Kollegen so bestätigen: Sehr oft, wenn ich selbst mit einer Predigt unzufrieden bin, bekomme ich von der Gemeinde die positivsten Rückmeldungen! Menschen sprechen mich nach dem Gottesdienst darauf an, wie gut ihnen die Predigt getan hat. Auch vergangenen Sonntag. Da ging einer ganz detailliert auf Gedanken meiner Predigt ein – allerdings fragte ich mich: Habe ich das wirklich so gesagt, was er da von meiner Predigt wiedergibt? Ich glaube eigentlich nicht. Irgend ein Stichwort aus meiner Predigt hatte ihn selbst zu diesen Schlussfolgerungen gebracht, die er mir jetzt zum Besten gab. Irgend etwas war für ihn Anstoß, selbst weiterzudenken, möglicherweise nur grob in die Richtung, die ich vorgegeben hatte. Im Gespräch beschränkte ich mich auf ein relativ unverbindliches „Ja ja“, denn es fiel mir schwer, diese Ausführungen mit meiner Predigt zusammenzubekommen.

Und ich dachte mir: Vielleicht ist es gar nicht so schlecht, wenn eine Predigt mal nicht so ist, dass man dem Prediger, der Predigerin gebannt an den Lippen hängt? Vielleicht ist es sogar mal ganz gut, wenn sie Längen hat, Phasen, in denen der eigene Kopf mit den eigenen Gedanken spazierengehen kann. Den Input verarbeiten. Selber Konsequenzen ziehen.

Und für mich selbst ist es auch entlastend zu wissen: Nicht immer ist jedes einzelne Wort so wichtig. Der Heilige Geist sucht sich seinen Weg, um die Menschen zu erreichen. Deswegen werde ich trotzdem weiter versuchen, meine Predigten so gut wie möglich zu gestalten. Oder sollte ich vielleicht ab und zu absichtlich ein paar langweilige Phasen einbauen?

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