Sexy Bettkantenengel-Romane?

Sexy Bettkantenengel-Romane?

Zugegeben: Es gibt Ecken in den Räumen der großen Buchhandlung mit dem M im Namen, in die ich mich nicht verirre. Aus Prinzip nicht. Bis vor kurzem waren diese Regal mit der Überschrift "Vampire" versehen, jetzt hat man zumindest in meiner Vorort-Filale den Titel weggewischt - die Beschriftungen macht man in dieser Kette mit Kreide auf schwarzen Hintergrund. Ich glaube, da steht jetzt sowas wie "Romantasy" drüber. Vielleicht sollte ich aber nochmal genauer einen Blick auf die Bücher werfen, die dort stehen, denn wie mir über Internet zugetragen wurde soll es da Romane mit "sexy Bettkantenengeln" geben.

Den Ausdruck "Den würde ich nicht von der Bettkante stoßen" kennt man. Aber was der mit Engeln zu tun hat? Der kurze Absatz im Online-Fanzine-Zauberspiegel, dass die neue Ausgabe der Zeitschrift Nautilus vorstellt - übrigens tatsächlich trotz des scheußlichen Covers immer einen Kauf wert für Liebhaber phantastischer Themen - ordnet diese Kategorie für mich immerhin etwas ein:

Einen ähnlichen Absturz aus dem Himmel der Romantasy werden vielleicht bald auch die sexy Bettkanten-Engel erleben. Obwohl sie derzeit noch tapfer flattern, müssen auch sie Federn lassen, wie eine Roman-Übersicht zu aktuellen und kommenden Fantasy-Romanen um die geflügelten Gotesboten zeigt.

Aha, das ist also eine Unterart dieser meist kitschigen, unheimlich fies geschriebenen und immer nach Schema F verlaufenden Romane, in denen ein holdes, unberührtes Weib / eine sexy Detektivin / eine toughe, aber wunderschöne Frau durch geheimnisvolle Umstände / einen Unfall / die Aufklärung eines Polizeifalles an einen Vampir / Werwolf / anderes gut aussehendes Fabelwesen mit harter Schale aber weichem Kern trifft und diese beide nach langen Irrungen und Wirrungen sich in die Arme fallen. Sprich: Nackenbeißer auf Fantasy gemacht. Moment, schrieb ich "Nackenbeißer"? Bwahahahaha, sorry, das war jetzt ein spontanes Wortspiel...

Schuld daran war natürlich der Erfolg von Stephenie Meyer, aber auch schon davor gabs diese Spielart des Frauengrusels. So ein, zwei Romane habe ich auch mal gelesen, aber in der Regel ist das Fastfood-Literatur ohne Anspruch auf mehr als der Leserin ein paar vergnüglich-anzüglich-nette Stunden zu vermitteln. Dagegen ist auch nichts zu sagen - nur bis vor kurzem nahm diese Romantasy enorm viel Regalelänge für sich an Anspruch, für Liebhaber der lesenden SF wars damit schwieriger auf gut Glück in die Buchhandlung zu gehen und mal eben Douglas Adams oder anderes populäres Zeugs - wir reden hier ja immerhin von einer Filiale einer Kette - nach Hause mitzunehmen.

Da ich nie in bewußt darauf geachtet habe ob das jetzt ein Vampir oder ein Werwolf auf dem Cover ist, sind mir natürlich diese Sexy-Bettkanten-Engel vollkommen entgangen. Es wäre zumindest neben den furchteinflößenden Boten Gottes und den niedlichen Putten sowie den Helfern in allen Lebenslagen - ihr erinnert euch noch an diese Esoterikbuchwelle, wo Engel kurzerhand als Helfer für alles angesehen wurden? Man sollte nur ruhig meditieren und sein inneres Selbst spüren um dann mit Michael, Gabriel etc. pp. in Verbindung treten zu können. Bis heute gibts tatsächlich eine Zeitschrift zu dem Thema... Wo war ich? Ah: Es wäre zumindest ein neuer Umgang, ein neues Engebild. Aber ihr könnt euch jetzt auf den Kopf stellen, in dei Luft springen, mit dem Dreirand Bunjee-Springen: Nein, ich lese keine kitschig-süßen, auf Erfolg getrimmte und einem Modebild hinterjagende Lektüre. Viel schlimmer: Ich lese Frauengrusel von Kelter und Bastei - gleiches Schema, aber viiiieeelll billiger für zwischendurch...

weitere Blogs

Altar mit dekoriert in Regenbogen-Farben
Für diesen Blogbeitrag habe ich ein Interview mit Lol aus Mainz geführt. Lol ist christlich, gläubig und non-binär. Nicht für alle christlichen Kreise passt das gut zusammen.
Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten. Heute: mein Glaube in diesem November
Martinstag ist ein schöner Feiertag: die bunten Lichter im Novembergrau, die Martinsmänner, die Geschichte vom geteilten Mantel.... aber man kann noch viel mehr tun, als dieser Bischof von Tours.