Entschiedene Weihnachten

Entschiedene Weihnachten

Ach, was war die Welt doch früher schön. Die Leute hatten mehr Zeit. Dieses teuflische Internetdingsbums war noch nicht erfunden. Auch das Telefon nicht. Echte Männer spielten keine Ballerspiele am heimischen Rechner, sondern gingen raus auf die Straße. Trafen sich in der Kneipe, um sich anschließend ganz in echt, im „real life“, die Köpfe einzuschlagen, während ihre Frauen brav zu Hause saßen, die zahlreich vorhandenen Kinderlein fütterten, striegelten und nach Vorlesen einer frommen Gutenachtgeschichte zu Bette brachten.

Und der Kirchenbesuch, ach! Jeden Sonntag waren allüberall im Lande die Kirchen zu klein. Wer erst eine halbe Stunde vor Gottesdienstbeginn kam, konnte gerade noch einen Stehplatz ergattern. Und die Leute beschwerten sich nicht, wenn der Pfarrer zu lang, sondern wenn er zu kurz predigte. Mindestens eine halbe Stunde, der sollte ruhig was tun für sein Geld.
Heute sind die Sitten verlottert. Kein Wunder, dass die Welt den Bach runtergeht. Und überhaupt.

Ja, es gibt sie. Die Pfarrerinnen und Pfarrer, deren Predigten hauptsächlich aus solchen Verklärungen der guten alten Zeit bestehen. Und aus Gejammere, wie sehr die Welt seitdem verkommen ist. Dazu wird dann jeden Sonntag das Lied gesungen mit der schönen Zeile: „man höret immer deine Klage, dass nicht dein Haus will werden voll.“ (EG 250). Der Text zu diesem Lied stammt zwar aus dem Jahre 1711 – aber den darin enthaltenen, sehr dezenten Hinweis, dass die Kirchen damals vielleicht auch nicht so übermäßig voll gewesen sein könnten, überhören wir mal geflissentlich.

Ich möchte gar nicht wissen, was in den Predigten dieser (zum Glück selten gewordenen) Pfarrersgattung abgeht, nun, da eine gewisse rot gefärbte Elektronikhandelskette das Thema Weihnachten aufs Korn genommen hat. Auch viele kirchliche Verlautbarungen gehen ja oft so: „Wir prangern an.“ „Wir protestieren.“ „Wir sind dagegen.“ - ob es eine offizielle Stellungnahme zu diesem speziellen Thema gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. Oh – halt: Während ich dies schreibe, kommt mir über Twitter die Meldung auf den Bildschirm, die katholischen Bischöfe hätten schon genau so Stellung bezogen, wie ich es gerade beschrieben habe. Nachzulesen hier: http://www.domradio.de/news/78389/bischoefe-fordern-stopp-der-media-markt-werbung.html

Dabei geht es manchmal so einfach, einer Sache, die man kritisieren will, eine positive eigene Botschaft entgegenzusetzen. Die Katholische Landjugendbewegung Bayern macht es vor: „Weihnachten wird in der Krippe entschieden“. Ein einfacher Spruch, der deutlich und positiv auf das hinweist, was für uns das Wesentliche an Weihnachten ist. Theologisch prägnanter geht es kaum: Ja, in dieser Krippe hat sich für unseren Glauben alles entschieden. Hier ist Gott Mensch geworden. Hier ist Gott den Menschen nah. Und es bewegt viele: Die „Veranstaltung“ auf Facebook hat mittlerweile (8.12. 19:00) über 16.000 Teilnehmer.

Auch die Evangelische Jugend in Bayern hat eine Aktion gestartet. Ihr Spruch „Weihnachten wurde unterm Stern entschieden“ ist auch gut – aber irgendwie nicht ganz so direkt. Mir ist der Stern eigentlich egal, das Kind in der Krippe aber nicht. Schön daran ist aber, dass sie den Spruch in die Vergangenheitsform setzen: Weihnachten ist schon lange entschieden. Für uns. Von Gott. Nicht von irgendwelchen Werbeagenturen.

Bleibt noch eine Frage zu klären. Leiste ich nicht der Bekanntheit dieser Elektronikhandelskette Vorschub, indem ich jetzt auch auf den Zug aufspringe und ihre Werbung kritisiere? Ist es nicht genau das, was sie erreichen wollen – dass über sie geredet wird? Mag sein. Aber ich finde es auch segensreich, dass über Weihnachten wieder geredet wird. Dass sich viele darüber Gedanken machen, was ihnen an Weihnachten wirklich wichtig ist. Vielleicht trägt die Werbung ja dazu bei, dass einige bewusster Weihnachten feiern. Entschiedener.

Entschiedene Weihnachten allerseits! 

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