Vier Wochen Vorfreude

Vier Wochen Vorfreude

Würde ich meinen Nachbarn ein Fröhliches Neues Jahr wünschen, sie würden mich entgeistert anschauen. Vermutlich auch nachfragen ob ich mich im Kalender geirrt hätte. Worauf ich dann sagen würde: "Nein, nein, nein. Das ist schon richtig, denn wir haben ja bald den ersten Advent." Was vermutlich beim Großteil meiner Nachbarn auch nicht gerade selbst erklärend sein dürfte.

Dabei haben wir doch das alte Kirchenjahr abgeschlossen und beginnen mit dem ersten Advent ein neues. Eingeweihte können das beim Gottesdienstbesuch ja schnell erkennen: Normalerweise müssten die Tücher, die immer an der Kanzel hängen und am Altar jetzt andere Farben haben. Was aber doch schon etwas für Fortgeschrittene im Gemeindeleben sein dürfte. Mit dem ersten Advent beginnt ja die Zeit der Vorfreude und des Wartens. Und endlich ist mein persönlicher Boykott von Weihnachtssüsswaren zu ekelhaft warmen Sommertagen vorbei: Advent ist im Dezember - und da gehören Spekulatius und Dominosteine auch hin. Mon Cheri gibts ja auch nicht das ganze Jahr über. (Wobei ich das bei Mon Cheri nicht so ganz nachvollziehen kann: Wir können Gurken und Tomaten im Gewächshaus ziehen, aber Kirschen und Alkohol nicht? Hmm.)

Vier Wochen Vorfreude - auf Schnee, Eis, Kälte, Glühwein, volle Innenstädte, Weihnachtsmärkte... Also es soll ja Leute geben, die sich wirklich auf Weihnachstmärkte freuen, wobei die ja mittlerweile so identisch sind dass man nicht mehr weiß ob man den Münster, in Recklinghausen oder in Bochum besucht hat. Ist aber auch praktischer, dann kann man in der fremden Stadt sofort die Buden meiden, die man scheußlich findet. Aber ja, auch Vorfreude auf die Scheußlichkeiten der Innenstadtdekorationen, der Kitschorgien in den Einkaufshallen gehört doch irgendwie dazu. Und an die üblichen Fernseh-Specials auf Weihnachtsmärkten mit Marianne und Michael, weil Gutes bleibt. Leider manchmal auch zu lange.

Ich jedenfalls bin die nächsten vier Wochen beständiger Tee-mit-Rum-Trinker, habe jetzt schon mal die Adventsdekoration aus dem Schrank geholt, werde wie immer den Farbentrend beim Weihnachtsbaum ignorieren und vielleicht traue ich mich ja doch noch mal auf den Weihnachtsmarkt. Ich muss schließlich wissen: Sind die Gebrannten-Mandle-Tüten-Preise in diesem Jahr stabil geblieben? Und warum schmecken die eigentlich nur in dieser besonderen Zeit des Jahres so gut? Muss wohl mit der Vorfreude zu tun haben.

weitere Blogs

Altar mit dekoriert in Regenbogen-Farben
Für diesen Blogbeitrag habe ich ein Interview mit Lol aus Mainz geführt. Lol ist christlich, gläubig und non-binär. Nicht für alle christlichen Kreise passt das gut zusammen.
Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten. Heute: mein Glaube in diesem November
Martinstag ist ein schöner Feiertag: die bunten Lichter im Novembergrau, die Martinsmänner, die Geschichte vom geteilten Mantel.... aber man kann noch viel mehr tun, als dieser Bischof von Tours.