Eins werden
Klar lern ich an Anderen erst das Eigene.
Die Placenta sagt: wachse.
Die Mutter sagt: Du bist richtig.
Du Mann lehrst mich, wie Frau geht.
Du Frau lehrst mich, wie Frau geht, du Mann wie Mann.
Ich lerne an allen im Reflex, wer ich bin.
Seh ich das Kind, werde ich groß.
Fühl ich den Säugling, werd’ ich zum Greis.
So entsteht mein Gesicht – Abdruck um Abdruck aus jeder Begegnung.
Ich lerne an wechselden Partnern.
Dass ich verschieden bin, eine zusammengesetzte Gestalt.
Oder auch immer gleich, wenn ich bei jedem Anlauf den gleichen Typus verehre.
Aber mit wem teile ich die ganze Geschichte?
Wer teilt mit mir Tretroller und Rollator?
Wer schmunzelt, wenn ich zahnlos das Zauberwort der ersten Nacht leise singe?
Und wer fordert mich liebend heraus, auf Dauer weiter und tiefer zu werden, der ich bin?
Wer lockt mich aufs Wasser, wo es tief ist?
Wie wird aus dem Vielen in meinem Gemüt am Ende das Eine?
Vielleicht durch einen, der bleibt.
Das immer währende Gespräch.
Der tiefere Sinn langer Freundschaft, wohl auch der Ehe.
So, sagen die Alten, teile Gott sich mit sich.
Immerzu – auch jetzt..
Er begrüße, so sagen sie, in sich das Andere
- das seien wir, die Gottesbewohner, der Christus.
Von Ewigkeit zu Ewigkeit.
Bleibend entstehend.
Gesellige Gottheit zeugt gesellige Menschheit.
Unser Name ist Zweisam - wie der unseres Gottes.
Von Beginn an als Doppel.
Voller Ideen in der Liebe.
Die Alten nannten sie Geist.
Wir in ihm als Mitgeborene seines Teilens –
Bewohner eines Liebesgeflüsters.