Freiheit, Liebe und Verantwortung

Freiheit, Liebe und Verantwortung
Bunte Sterne liegen auf Tannenzweigen.
Foto: Kerstin Söderblom
Etwa 70 Frauen setzten sich auf der Lesbentagung der Evangelischen Akademie in Bad Boll mit dem beginnenden Reformationsjubiläum 2017 auseinander. Sie diskutierten intensiv, was das Reformationsjubiläum 2017 für lesbische Frauen bedeuten könnte.

Vom 16. bis zum 18. Dezember wurde auf der Lesbentagung der Evangelischen Akademie in Bad Boll in Impulsvorträgen zu den Themen „Weibliche Lebensentwürfe in der Reformationszeit“, „Folgen der Reformation für Frauen in verschiedenen Lebensformen heute“ und zur „Situation von LSBTTIQ-Geflüchteten heute“ ein komplexes inhaltliches Feld bearbeitet. Der gemeinsame Fokus der Beiträge war die Frage nach der Möglichkeit weiblicher Lebensentwürfe von der Reformationszeit bis heute. Darüber hinaus ging es um die aktuelle Herausforderung, wie Menschen heute angesichts von Migration und Fluchterfahrungen selbstbestimmt ihre Geschlechtsidentität und ihre sexuelle Orientierung leben können, ohne deshalb ausgegrenzt und verfolgt zu werden oder selbst in Geflüchtetenunterkünften Gewalt zu erleben. Jouanna Hassoun, Berliner Sozialarbeiterin und hauptamtliche Mitarbeiterin des Zentrums für Migranten, Lesben und Schwule (MILES) des LSVD Berlin Brandenburgs, hat dazu einen eindringlichen Vortrag gehalten.Sie selbst ist im Libanon geboren und mit sechs Jahren nach Deutschland gekommen. Insofern kennt sie Folgen von Migration, Entwurzelung und Traumatisierung aus eigener Erfahrung. Für ihr Engagement ist Jouanna Hassoun 2015 mit dem Verdienstorden des Landes Berlin ausgezeichnet worden.

Reformation, Pluralisierung der Lebensformen, Migration und Flucht: Die Teilnehmerinnen debattierten lebhaft darüber, welche Impulse der Refomationszeit sie noch heute inspirieren. In Workshops und plenaren Diskussionen wurden außerdem gesetzliche, gesellschaftspolitische und religiöse Faktoren beleuchtet, die Frauen weltweit bei der selbstbestimmten Wahl ihrer Lebensentwürfe unterstützen oder behindern.

Am Samstagabend feierten die Anwesenden ein Frauenmahl mit Tischreden engagierter Frauen. Eingerahmt wurde die Tagung von spirituellen Angeboten, Tanz und einem gemeinsamen Abschlussgottesdienst.

Am Rande der Tagung konnte die Veröffentlichung des Buchs „Und Gott sah, dass es sehr gut war. Katholische LSBT-Menschen aus Europa erzählen ihre Geschichte“ mit einer Lesung gefeiert werden.  Über dreißig engagierte Frauen und Männer haben im letzten Jahr die englische Originalausgabe des Buches ehrenamtlich übersetzt, Korrektur gelesen und redigiert. Die niederländische Verlegerin Ineke Lautenbach hat das Buch  in ihrem Verlag "Esuberanza" herausgebracht. Dort ist auch schon die englische Originalausgabe erschienen. Nicole Warning, die Koordinatorin für die Übersegtzung der deutschen Ausgabe, konnte auf der Tagung gemeinsam mit Ineke Lautenbach das Produkt eines erfolgreichen Gemeinschaftsprojekts präsentieren. Über das Buch werde ich in meinem nächsten Blog mehr erzählen. Fest steht, dass die deutsche Übersetzung ohne die vielfältigen Vernetzungsaktivitäten auf den Bad Boller Lesbentagungen nicht so zügig gelungen wäre.

So ging am Sonntag eine intensive Tagung mit vielen spannenden Impulsen, wichtigen Erkenntnissen und offenen Fragen zu Ende. Der Rechtsruck in der deutschen Gesellschaft einerseits und das wachsende Phänomen von Gewalt und Terrorismus andererseits werden nicht nur die Teilnehmerinnen der Lesbentagung als Bedrohung von selbstbestimmten Lebensentwürfen noch lange beschäftigen.
Der schreckliche Terroranschlag in Berlin am 19. Dezember zeigt dies in voller Brutalität. Den Opfern, Verletzten und ihren Angehörigen, Freundinnen und Freunden gelten unsere Anteilnahme und Gebete.

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