Die Frage der Woche, Folge 74: Personenkult zum Reformationsjubiläum?

Die Frage der Woche, Folge 74: Personenkult zum Reformationsjubiläum?
Ich beantworte erstens die Frage nach dem Tempelberg aus den Kommentaren und zweitens die nach dem angeblichen Personenkult zum Reformationsjubiläum.

Liebe evangelisch.de-Nutzerinnen und -Nutzer,

manchmal fallen euch und Ihnen Dinge auf, die wir in der Redaktion nicht sehen. So geschehen in dieser Woche unter einer Meldung von der gemeinsamen Reise der evangelischen und katholischen Bischöfe nach Israel. Es war eine der Meldungen, die wir automatisch vom epd übernehmen (diese Meldungen sind erkennbar am (epd) zu Beginn der Meldung). Die Beschreibung der Reiseziele für die gemeinsame Delegation von evangelischer und katholischer Kirche enthielt auch den "muslimischen Tempelberg" und die "jüdische Klagemauer". Das hat ein paar Nutzer sehr irritiert, allen voran den Benjamin, der schrieb:

"Es ist eine Schande, dass Sie auf dieser Seite den Tempelberg als "muslimisch" bezeichnen. [...] Der Tempelberg ist erst dann muslimisch, wenn die Waqf uns gar nicht mehr auf den Tempelberg lässt, statt, wie sie es jetzt tut, uns das "nur" aufs Übelste zu erschweren."

(Die Waqf ist die muslimische Institution, die den Zugang zum Tempelberg reglementiert.) Der Ärger über die Formulierung ist nachvollziehbar, insbesondere vor dem Hintergrund der umstrittenen Unesco-Resolution, die das "palästinensische Kulturerbe und den unverkennbaren Charakter von Ostjerusalem zu bewahren" sollte (siehe Spiegel Online). Denn in der Resolution wird der Tempelberg ausschließlich mit seinem arabischen Namen benannt. "Einseitig politisch" und "geschichtsfälschend" nannte das der Theologe Dieter Vieweger schon vor dem Beschluss (Domradio) - denn natürlich hat der Tempelberg ebenso eine jüdische wie eine muslimische Geschichte und Bedeutung, und auch eine jüngere christliche.

Das hat auch die ökumenische Delegation in Jerusalem bei dem Besuch noch einmal deutlich betont: "Für mich ist klar, dass dieser Ort ein Ort für alle Religionen ist", sagte der EKD-Ratsvorsitzende Bedford-Strohm. Die Israel-Besucher sagten aber auch, es sei in den Gesprächen in Jerusalem nicht deutlich geworden, ob es einen Willen zum Frieden in der Region gebe. Synoden-Präses Irmgard Schwaetzer nannte das "verstörend" - eine Einschätzung, die ich aus der Ferne teile.

Benjamin kritisiert die Formulierung zurecht, daher werden wir verstärkt darauf achten, sie erstens nicht selbst zu verwenden und zweitens auch aus zugelieferten Texten die abgrenzende Zuordnung zu entfernen.

Auch Promis können Tiefe

Die zweite Frage, auf die ich eingehen will, kam von PastoraCara auf Twitter:

###extern|twitter|PastoraCara/status/789105999936454656###

Na gut, nicht wirklich eine Frage, aber ein Einwand, den auch Martin Horstmann auf Facebook weiter ausgeführt hat. Es geht dabei um die Botschafter-Kampagne zum Reformationsjubiläum, die gestern begonnen hat. Dafür haben sich einige Prominente bereit erklärt, als "Reformationsbotschafter" öffentlich Präsenz zu zeigen, vor allem mit Interviews in Text und Video. Zu Beginn haben auch wir gestern die Inhalte mit Gundula Gause und Jürgen Klopp veröffentlicht.

Martin Horstmann fand, das die Zitate von Jürgen Klopp zur "Selbstbanalisierung" der Kirche dienen und fragt sich, was die Aussage ist, wenn Jürgen Klopp unter anderem sagt: "Kirche ist wie ein Vereinsheim", man treffe immer die richtigen Leute. Eine Aussage darin ist: Jürgen Klopp ist evangelischer Christ. Allein das reicht schon, um Menschen zum Nachdenken und/oder Nachfragen anzuregen, weil sich diese Aussagen einfach deswegen weit verbreiten, weil Jürgen Klopp sie sagt. So funktioniert der Promi-Faktor. (So funktioniert übrigens auch die wunderbare Bibel-auf-Bierdeckel-Kampagne der EKHN.) Inhaltlich steckt in der Aussage konkret: In der Kirche kann man sich wohlfühlen, weil man da Menschen trifft, mit denen das geht. Das ist ein großes Lob für eine Kirche, deren Kern und Wesen die Menschen in ihr sind!

Aber ich verstehe, was Martin Horstmann sich wünscht - nämlich mehr Details, mehr Tiefe, weniger Floskeln. Mit den Reformationsbotschafterinnen und -botschaftern gibt es jeweils auch noch ein längeres Interview, wie das mit Gundula Gause, das wir auch hier auf evangelisch.de veröffentlicht haben. Nur mit Jürgen Klopp gab es das aus organisatorischen Gründen nicht. Im Video-Interview sagt Kloppo aber noch ein bisschen mehr, zum Beispiel zu Nächstenliebe und zu Gott als Gegenüber:

Fußballtrainer Jürgen Klopp erzählt im Interview, was ihm sein Glaube und die Kirche bedeuten.

Einen Personenkult sehe ich aber nicht darin, Prominente einzuladen, über ihren Glauben zu sprechen. Wann sprechen denn Menschen, die aus beruflichen oder privaten Gründen in der Öffentlichkeit stehen, mal darüber, dass sie evangelisch sind? Die Kampagne gibt ihnen im Reformationsjubiläumsjahr die Gelegenheit dazu. Wenn darüber Menschen 2017 ins Gespräch über Kirche, Reformation und Glaube kommen und "evangelisch sein" einigen Menschen näher kommt, dann ist das auf jeden Fall ein Erfolg

Ich wünsche euch und Ihnen ein gesegnetes Wochenende!


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