Erstwähler denken, ihre Stimme ist wertlos

Bild von Deutschlandkarte und Wahlkreuz
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Die Amal-Redaktion in Frankfurt will ihren Beitrag für die Gesellschaft leisten, indem sie Erstwähler mit Migrationshintergrund über ihr Wahlrecht informiert.
Migranten als Erstwähler
Erstwähler denken, ihre Stimme ist wertlos
Der syrisch-deutsche Journalist und Filmemacher Ronnie Darwish möchte Erstwählenden mit Migrationsgeschichte Mut machen, bei der Bundestagswahl ihre Stimme abzugeben.

Viele frisch eingebürgerte Menschen fühlten sich unsicher, zur Wahl zu gehen, weil sie ihre politischen Kenntnisse für nicht gut genug halten, sagt der syrisch-deutsche Journalist und Filmemacher Ronnie Darwish dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der 28-Jährige, der 2015 aus Syrien nach Deutschland flüchtete, ist selbst Erstwähler. Er arbeitet für das Nachrichtenportal "Amal Frankfurt", das Nachrichten auf Arabisch, Farsi und Ukrainisch produziert.

Zusammen mit dem Hessischen Rundfunk und dem Südwestdeutschen Rundfunk hat die Amal-Redaktion Erstwählende unterschiedlicher Herkunft interviewt. "Wir wollen unseren Beitrag für die Gesellschaft leisten, indem wir andere Erstwähler wie uns über ihr Wahlrecht informieren", sagt Darwish. "Wenn wir nur 50 Menschen davon überzeugen, selbst zu wählen, reicht das schon." Die Videointerviews der zehn Erstwähler aus beispielsweise Syrien, Afghanistan oder Rumänien werden auf den Social-Media-Kanälen von hr und SWR veröffentlicht. Studierende der Uni Mainz waren ebenfalls am Projekt beteiligt.

Darwish kam 2015 nach Passau. Dort studierte er Film, Medien- und Kommunikationswissenschaft. 2022 erhielt er die deutsche Staatsbürgerschaft. Für ihn sei das wie eine Belohnung für sein Engagement gewesen, sagt Darwish. Denn er habe sich, seit er nach Deutschland gekommen sei, immer für andere eingesetzt. Kurz darauf verließ er Passau und kam nach Frankfurt. "Die Träume wurden größer als die Stadt selbst", sagt Darwish.

Viele frisch eingebürgerte Menschen fühlen sich unsicher, zur Wahl zu gehen, weil sie ihre politischen Kenntnisse für nicht gut genug halten, sagt der syrisch-deutsche Journalist und Filmemacher Ronnie Darwish.

Bei der Europawahl im vergangenen Jahr habe er nicht gewählt. "Ich dachte, ich sei nicht gut genug informiert. Ich habe einen Bezug zu Deutschland, aber nicht so stark zu Europa", sagt er. Vielen Syrern, die wie er mittlerweile eingebürgert seien, gehe es ähnlich. "In Syrien unter Assad haben sich die meisten Menschen von der Politik ferngehalten. Sie glauben, ihre Stimme sei nichts wert." In Deutschland sei die politische Teilhabe aber ein Teil des Lebens, sagte er. Er freue sich darauf zu wählen und zu sehen, wie seine Entscheidung die Zukunft beeinflusse.

Dass das Thema Migration den Wahlkampf so stark beherrscht, ist für Darwish ein "komisches Gefühl". Er empfinde es als "nahezu ekelhaft", dass Migration nur als Problem und nicht als Bestandteil einer modernen Gesellschaft betrachtet werde. Eine Wahlentscheidung sei gar nicht einfach. Ihm ist vor allem gesellschaftliche Solidarität wichtig: "Wir müssen etwas für den Zusammenhalt tun."