Was den deutschen Männern ihr Hobbyraum, ist den Engländern – vermutlich wegen der in britischen Häusern meist fehlenden Keller – ihre Gartenlaube. „Men and their sheds“ ist hierzulande fast ein geflügeltes Wort, so etwas ähnliches wie „an Englishman’s home is his castle“, nur dass die Bretterhütten im Garten eben ausschließlich für Männer gemacht zu sein scheinen. In den Lauben wird gezimmert, gedrechselt, Musik und Computerspiele gemacht, es werden Fahrräder repariert, Modelleisenbahnen aufgebaut und Pflanzen umgetopft.
Der englische Mann und seine Gartenhütte sind quasi eine soziale Einheit, über die schon viele Bücher geschrieben wurden. Amazon UK führt 2332 Bücher im Sortiment, die das Wort „shed“ im Titel tragen. Darunter finden sich Bauanleitungen für Lauben – auch für den stilbewussten Mann, z.B. „Shed Chic“ oder „My Cool Shed - Ratgeber für den stylishen Rückzugsort“, nicht ganz ernst gemeinte Literatur wie „Fifty Sheds of Grey - Erotik für den nicht allzu modernen Mann“ und „101 Tipps, was sich in einer Laube so alles machen lässt“, als da wären: ein Hologramm herstellen, quadratische Blasen machen, Wasser bergauf fließen lassen oder eine Mini-Rakete abschießen.
Auch wissenschaftliche Studien haben sich schon mit dem Phänomen beschäftigt. Eine davon kam zu dem Ergebnis, dass ein Engländer im Durchschnitt 24 Tage und 11 Stunden pro Jahr in seiner „Männerhöhle“ verbringt. Die über 45-Jährigen sogar 26 Tage. Angeblich sind Laubenbesitzer gesünder, leben länger und führen glücklichere Ehen als unbelaubte Herren.
Soziale Organisationen machen die Laubenliebe der angelsächsischen Männer ebenfalls zum Ausgangspunkt ihrer Arbeit. „Die typische Laube im Garten ist ein Ort, an dem sich der Mann zu Hause fühlt und an dem er seine praktischen Interessen mit einem hohen Grad an Autonomie verfolgen kann“, lautet die These der Organisation „Men’s Sheds“. Die aus Australien stammende Idee möchte ältere, oft alleinstehende Männer durch gemeinsames Werken zusammenbringen und zum Erfahrungsaustausch anregen.
Und England wäre nicht England, wenn es nicht auch einen Lauben-Wettbewerb geben würde. Jedes Jahr wird die „Shed of the Year“ gekürt. In diesem Jahr gewann ein Waliser mit seiner Hütte aus recycelten Materialien und einem Dach aus einem umgedrehten Holzboot, ausgestattet mit Holzofen, 12-Volt-Soundsystem und Kochstelle. Von den 1000 Pfund Preisgeld will Besitzer Alex Holland nun eine Second-hand-Windturbine kaufen. Mit deren Hilfe sollen nach seiner Auskunft die benötigten Eiswürfel für eine andere britische Spezialität, den Gin & Tonic, hergestellt werden.
Die Laube in unserem Garten ist von solchem Schickimicki freilich meilenweit entfernt. Sie dient momentan lediglich der Aufbewahrung von Gartengeräten, Blumentöpfen und all dem Kram, von dem wir nicht wissen, wohin sonst damit. Aber der Mann, ganz Brite, träumt ebenfalls von einer weiterentwickelten Hüttenversion. Allerdings nicht mit Werkbank, sondern mit Veranda und Schaukelstuhl ausgerüstet, auf dem er dann mit G&T in der Hand und Katze auf dem Schoß den Sonnenuntergang genießen kann. Handwerkliche Arbeiten sind in unserem Haushalt nämlich strikte Frauensache. Weswegen auch ich diejenige bin, die jetzt in die Kälte hinaus muss, um das gestern vom Sturm eingedrückte Plexiglas-Fenster der Laube zu reparieren. Ich wünschte, englische Häuser hätten einen Keller und ich einen Hobbyraum.
P.S.: Am Shed-of-the Year-Wettbewerb dürfen auch nicht-britische Lauben teilnehmen. Wenn Sie interessiert sind, bewerben Sie sich hier