Ich habe den Kampf gegen sogenannte Schädlinge weitgehend aufgegeben. Nicht aus Frustration oder Faulheit, sondern weil ich daran glaube, dass sich nach einer Weile alles von selbst reguliert, wenn den natürlichen Feinden von Läusen, Schnecken und Käfern genügend Lebensraum gelassen wird. Und tatsächlich hatten wir dank der Amseln, Marienkäfer, Igel und Frösche in diesem Jahr kaum Probleme mit abgefressenen Ritterspornen oder ausgesaugten Rosenblättern. Selbst unsere Chilipflanzen, sonst oft von Spinnmilben befallen, wuchsen in diesem Jahr ohne Probleme – die Tagetes, die ich als companion plants zu ihnen in den Trog gesetzt hatte, haben offenbar abschreckend gewirkt. Und ein bisschen Schwund ist ja sowieso immer.
Andererseits: Ich habe gut reden, denn ich kann mir diese entspannte Haltung leisten. Wenn der Salat in unserem Beet von den Schnecken aufgemampft wird, gehe ich zum Markt und kaufe mir einen neuen. Unser gedeckter Abendbrottisch ist nicht von der Ernte in unserem Garten abhängig. Und unser Leben ist durch erst recht nicht bedroht durch ungebetene Gäste.
Anders als in Indien. Dort werden jedes Jahr um die 400 Menschen von Elefanten getötet, die in Gärten und Plantagen eindringen. Viele Hektar Farmland werden von den Rüsseltieren verwüstet, weil ihr Lebensraum mehr und mehr eingeschränkt wird und sie in der Wildnis nicht mehr genügend Futter finden. Außerdem haben sie eine Vorliebe für Zuckerrohr. Verständlich, dass die Bevölkerung nicht so gelassen auf diese Schädlinge reagiert wie ich auf die Miniermotten in unserem Garten.
Doch auch in Indien setzt man nun auf biologische Abwehr. Um sowohl die 21.000 wild lebenden Elefanten wie auch die Menschen in den betroffenen Gebieten zu schützen, fordert die indische Regierung Bauern auf, Chilis zu pflanzen. Denn Elefanten mögen offenbar Süßes, aber scharf sagt ihnen gar nicht zu. Und zwar in keiner Form. In Afrika hat man mit Zäunen, in die Dung und Chilis eingearbeitet wurden, gute Erfahrungen bei der Elefantenabwehr gemacht – ihre sensible Haut reagiert empfindlich auf das enthaltene Capsaicin. Auch vom Qualm von Chili-Briketts lassen sich die Rüsseltiere vertreiben. Allerdings ist diese Methode etwas problematisch, da sie auch beim Menschen für Augen- und Schleimhautreizungen sorgt, wenn die Windrichtung wechselt.
In Indien konzentriert man sich deshalb auf die ganzen Pflanzen, die einfach zu ziehen sind. Sie sollen als Schutzschild rund um Felder und Gärten gesät werden, sodass jeder Elefant, der sich eine Banane holen möchte, zuerst durch einen Streifen Chilis laufen muss. Vermutlich würde er dabei auch die eine oder andere Pflanze abgrasen – und laut trompetend das Gebiet verlassen, sobald er die Schärfe auf seiner Zunge spürt. Und hoffentlich daraus lernen und in Zukunft keine Bananenplantagen mehr ansteuern.
Wie beschaulich geht es dagegen doch in unserem Garten zu. Ameisen, Dickmaulrüssler und Schildläuse werden von den Vögeln im Zaum gehalten. Die Tagetes beschützen die Chilis, die wiederum keinen Schädlingen, sondern lediglich einem Frosch ein Zuhause bieten. Aber falls doch einmal unerwartet Elefanten in unserem Garten auftauchen sollten, sind wir jedenfalls vorbereitet.