Trotz allem

Trotz allem
Man könnte meinen, irgendwann müsste Weihnachten mal ausfallen. Weil mehr Krieg als Frieden herrscht. Doch zu Weihnachten feiern wir immer auch das "Trotzdem".

Im Supermarkt herrscht Krieg. Noch drei Tage bis Weihnachten und man könnte das Gefühl bekommen, die Welt ginge unter. Keine Spur von Besinnlichkeit oder Weihnachtsvorfreude, hier geht es ums Gewinnen. Wer kriegt den besten Zuschlag? In Körben und Wagen stapeln sich die Lebensmittel. Bei Vielen wird es Weihnachten Kartoffeln geben. Ob als Beilage zu Rotkohl und Gans, zum Raclette oder als Kartoffelsalat, niemand will ohne Kartoffeln den Laden verlassen. Und so streiten sich doch tatsächlich zwei ältere Damen um das letzte Netz „Sieglinde“. Ich schaue nicht zu, wer den Sieg davon trägt, sondern beeile mich, Herrin meiner eigenen Einkaufsliste zu werden. Ich will nach Hause. Doch die Schlange an der Kasse reicht bis zu den Tiefkühlpizzen, die übrigens auch fast ausverkauft sind. Und so reihe ich mich ein und gehe noch einmal meiner liebsten Adventsübung nach: dem Warten. 

Vier Wochen sind vergangen. Es war eine kurze Adventszeit und wenn ich mir die Leute um mich herum so anschaue, habe ich das Gefühl, ein paar Tage mehr Vorbereitungszeit und Adventsübungen täten hier einigen ganz gut. Und sicher auch mir selbst. Damit es vielleicht weniger um den Krieg um die Kartoffeln ginge und mehr um den Frieden der Heiligen Nacht.

Überhaupt könnte man meinen, irgendwann müsste es mal ausfallen, dieses Fest. Weihnachten, das das Leben und die Liebe feiert. Den Frieden auf Erden. Die Geburt des Gottessohnes. Ein Blick in die Nachrichten und über den eigenen Plätzchentellerrand könnte reichen, um voll Trauer zu beschließen: Dieses Jahr fällt alles aus. Es gibt keinen Grund zum Feiern, keine Liebe und keinen Frieden. Und manchmal fühlt sich sogar Gott weit entfernt an.

Resigniert könnte man sein. Alles auf einen Kinderglauben reduzieren, der eben irgendwo verloren gegangen ist, beim Erwachsenwerden.  Weihnachten? – Das war einmal. Heute geht’s um die dicksten Kartoffeln und nicht um ein kleines Kind im Stall.

Plätzchen, Nordmanntanne und Lichterkette ließen sich wahrscheinlich leicht aus dem Leben verbannen. Auch auf Geschenke und die Weihnachtsgans könnte man verzichten. Und auf so viel mehr, das wir als Schmuck an unsere Weihnachtsbäume und in unser Leben hängen.

Doch verzichten könnten wir nicht auf das „Trotzdem“, das wir auch zu Weihnachten feiern. Davon bin ich überzeugt. Denn bei aller Gleichzeitigkeit des Seins – wir streiten uns um Kartoffeln, während die obdachlose Frau vor dem Supermarkt nicht weiß, ob sie heute überhaupt etwas essen wird – bleiben doch immer diese drei: Glaube, Liebe, Hoffnung. Dieser Dreiklang, der allen Wehen und Wunden, die das Leben mit sich bringt, trotzt. Zu Weihnachten wird das ganz sichtbar. Ein Kind wird geboren. Ein Stall wird zur Herberge. Ein Stern leuchtet uns allen. Obwohl Kriege herrschen, bei denen es um mehr geht, als um Kartoffeln. Obwohl Menschen sterben. Obwohl es Einsamkeit gibt, Verlust und Trauer. Trotzdem wird es Weihnachten. Alle Jahre wieder. Überall auf der Welt. Manchmal so klein, wie das Kind in der Krippe. Und doch so großartig wie nur Gott es sein kann. Alle Jahre wieder feiern wir, dass Jesus Christus, Gottes Sohn, geboren wird. Trotz Verfolgung, trotz Ablehnung, trotz Not. Zu Weihnachten erinnern wir uns daran, erzählen uns diese frohe Botschaft und üben uns im Glauben, im Lieben und im Hoffen. Das kann anstrengend sein und schmerzhaft, aber das bringen Geburten eben so mit sich.

Als ich meine Weihnachtseinkäufe bezahlt und im Rucksack verstaut habe, wünsche ich dem Kassierer:  'Frohe Weihnachten!' und füge in Gedanken hinzu: Trotz allem.

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