Siehe, ich mache alles neu

Siehe, ich mache alles neu
Manchmal lässt sich auch im größten Trubel eine Weihnachtsbotschaft entdecken.

Hamburg Hauptbahnhof. Ein paar Wochen vor Weihnachten. Ich bin zu früh dran. Mein Zug nach Berlin kommt erst in einer dreiviertel Stunde. Zeit also für einen schnellen Kaffee in der Bäckerei. Die Schlange an der Theke ist lang. Hier treffen sich alle: Pendler, Wochenendreisende, Geschäftsleute, Einheimische und Touristen. Franzbrötchen mögen die meisten gern. Und Kaffee auch. Ich bestelle einen Cappuccino und halte nach einem freien Tisch Ausschau. Ein paar Minuten durchatmen. Inmitten des Trubels.  

„Wird Ihr Platz frei?“, frage ich eine Dame mit einem sehr großen Koffer, die sich gerade von einem Stuhl an einem Zweiertisch erhebt. Sie schaut mich an, lächelt und nickt. „Wird er. Für Sie. Wir sind ja hier in der Wandelhalle.“ Ich bedanke mich, wünsche ihr einen schönen Tag und bleibe mit ihren Worten allein zurück. Während ich an meinem Kaffeebecher nippe, denke ich darüber nach, was sie mir da gerade gesagt hat. Ein Platz wird frei. Für mich. Weil wir uns in der Wandelhalle befinden. Vielleicht wollte sie mir als Nicht-Hamburgerin einfach eine Information über den Ort geben, an dem wir uns hier befinden. „Wandelhalle“, nennt sich das Einkaufszentrum, das in den Hamburger Hauptbahnhof integriert ist. Vielleicht wollte sie mich aber auch daran erinnern, wie sehr sich hier alles im Wandel befindet.  Saß die Dame mit dem großen Koffer gerade noch selbst an diesem Tisch in der Bäckerei, bin nun ich es, die diesen Platz eingenommen hat. Nichts bleibt, wie es ist. Alles wandelt sich. Hier wird das besonders deutlich. Die Wandelhalle ist kein Ort, an dem man sich übermäßig lang aufhält. Alles hier hat einen Zweck. Kaffee holen, Zeitung lesen, Shoppen gehen. Alles dient dem Zeitvertreib. Alles dient der Überbrückung. Alles wandelt sich.  

Auch die Wandelhalle selbst, hat Wandel erlebt. Der Hamburger Hauptbahnhof, der am 6.Dezember 1906 eröffnet wurde, wandelte durch Krieg und Zerstörung schon oft sein Gesicht. Die Wandelhalle wurde durch Bomben komplett zerstört und wieder aufgebaut. Und das sogar mehrmals.

In ein paar Wochen ist Weihnachten und ich muss daran denken, wie sehr wir mit diesem Fest auch immer das Wandeln feiern. Die Verwandlung. Siehe, ich mache alles neu. Nichts bleibt, wie es ist. Gott wird Mensch. Das Licht kommt zur Welt. Der Stern leuchtet uns allen. Weihnachten ist immer auch mit der Hoffnung auf Veränderung verbunden. Frieden auf Erden. Liebe für alle. Erlösung vom Bösen.

Und plötzlich ist da ein erstes kleines Weihnachten. In der Wandelhalle. Mitten im Hamburger Hauptbahnhof. Ort von Abschieden und Aufbrüchen. Dort, wo ich den Platz einer anderen einnehme. Dort, wo nichts bleibt, wie es ist. Außer vielleicht die Hoffnung. Dass sich etwas wandeln möge. Im besten Fall zum Besseren. Weihnachten ist nicht mehr weit.

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