Wenn man’s genau nimmt, begann gestern ein neues Jahr. Keins, das mit Raketen, Bleigießen und Sektgläserklirren willkommen geheißen wird, sondern ein Jahr, das irgendwie leise, fast ein bisschen heimlich anfängt. Und doch so festlich. Es ist für uns eine Zeit angekommen, die bringt uns eine große Freud. Grund zum Feiern also.
Doch es sind es nicht tausendundabertausendmehr Feuerwerkslichter, die das neue Jahr begrüßen und erhellen, sondern eine Kerze am Kranz. Bisschen mickrig, könnte man meinen. Aber man muss bloß durch die Straßen gehen und in die erleuchteten Fenster blicken und schon erkennt man: Das Licht, dieses erste, ist gestern in fast jedem Zuhause eingezogen. Tausendundabertausendmehr Menschen feiern den 1.Advent. Und damit eigentlich auch ein neues Jahr: Das Kirchenjahr hat begonnen. Ob tief im christlichen Glauben verwurzelt oder eher auf der Suche: Es gibt dem Leben in unserem Kulturkreis einen besonderen Rhythmus. Seit Jahrhunderten. Alle Jahre wieder.
Es schenkt uns Unterbrechungen. Erinnert uns. Lässt uns feiern. Je nachdem, in welchem Festkreis wir uns gerade befinden, wechselt es die Farbe, zeigt sich mal violett, mal rot, mal weiß, auch schwarz. Das Kirchenjahr ist bunt. Genau wie das Leben. Und es verbindet uns mit Traditionen. Mit Altbewährtem und Erinnerungswürdigem und lässt doch immer auch ein paar Leerstellen zum Selbstfüllen. Dabei würdigt es die Wüsten- genauso wie die Blütezeiten und bietet Orientierung: Während auf Schnee im Winter oder Freibadwetter im Sommer nicht mehr unbedingt Verlass ist, bleibt das Kirchenjahr beständig. Seine Botschaften haben Bestand.
Und mir gefällt der Gedanke sehr, dass es neben dem Jahreswechsel vom 31.Dezember auf den 1.Januar, wie der gregorianische Kalender ihn vorschlägt, noch ein zweites Neujahr gibt. Eins, das mit der Erwartung des Lichtes beginnt, mit der Vorbereitung auf Weihnachten, mit einer frohen Botschaft: Es ist für uns eine Zeit angekommen, die bringt uns eine große Freud.