Nationale Bibelbiene

Bibel-Wettbewerb
Nationale Bibelbiene
In den USA gibt es einen Jugendwettbewerb um das umfangreichste Bibelwissen.

Für angehende Pfarrer:innen durchaus ein wichtiges Studienfach: Bibelkunde! Und ich meine jetzt nicht nur „wer hat das Lukas-Evangelium geschrieben und warum?“ und ähnliche Dinge, sondern auch: Wie viele Kapitel hat es, wie ist es aufgebaut und wo genau findet man das Gleichnis vom Sämann? (Kapitel 8, aber in welchen Evangelien ist es noch zu finden?)

Ehrlich gesagt: Mir war das immer zu doof. Diese Dinge hatte ich schon von Anfang an mehr oder weniger zu Google ausgelagert, wozu hat man so was. Nun ja, anfangs hatte ich tatsächlich noch den kompletten Text der Bibel als ASCII-Text gekauft (mehrere Disketten, wenn ich mich recht erinnere!) und mir selbst kleine ARexx-Skripte geschrieben, mit denen ich auf dem Amiga in der Bibel suchen oder bestimmte Stellen so schnell aufschlagen konnte, wie es mir unter Windows bis heute nicht möglich ist. Bibelkunde? Solange ich den ungefähren Wortlaut einer Stelle weiß, brauche ich dieses Detailwissen wirklich nicht. Durch einen geschickten Wechsel der Uni während des Studiums habe ich nebenbei die ansonsten verpflichtende Bibelkunde-Prüfung glücklich umschifft. Na ja, lange her. Heute habe ich die Bibel-App auf dem Handy und Google (OK, Ecosia) sowieso immer griffbereit. 

Trotzdem: Ein gewisses Grundwissen über die Bibel finde ich schon sehr wichtig. Wenn ich nicht weiß, was ich nachschauen soll, kann ich auch nichts finden. Darum habe ich früher, als ich noch Konfirmand:innen hatte, mit ihnen unter anderem oft „Bibelfußball“ gespielt. Kurz gesagt, spielten dabei zwei Gruppen darum, wer schneller von mir in den Raum geworfene Bibelstellen aufschlagen konnte (oder am schnellsten feststellen konnte, dass es die Stelle nicht gibt, etwa Psalm 151,4) Fast immer haben die Konfis gegen den Kirchenvorstand gewonnen! Und natürlich haben wir nicht nur Nachschlagen geübt, sondern uns auch inhaltlich mit dem beschäftigt, was da so drin steht.

Also – Bibelkunde in Form von „In Jesaja 55,12 steht …“ (die Stelle weiß ich sogar, die liebe ich)? Finde ich nicht sooo übermäßig wichtig.

In den USA gibt es dagegen sogar einen nationalen Wettbewerb zur Bibelkunde: Die „national bible bee“. OK, zugegeben, die Überschrift dieses Beitrags ist natürlich nicht ganz korrekt in der Übersetzung. Denn „bee“ heißt nicht nur „Biene“, sondern auch Zusammenkunft und Wettbewerb. Viele Schulen veranstalten spelling bees, Buchstabierwettbewerbe. Und so ähnlich ist auch die „bible bee“ aufgebaut: Wer kann die meisten Stellen möglichst fehlerfrei rezitieren? Verschiedene englische Übersetzungen sind zugelassen, aber dann muss es bitte ganz genau wörtlich sein. Aber auch inhaltliche Fragen zu den Abschnitten werden gestellt, damit es nicht nur ums stumpfe Memorieren, sondern wirklich um den Inhalt geht. In mehreren Runden von örtlichen Wettbewerben, die lediglich online stattfinden, geht es bis zum Finale mit fünf Finalist:innen, die in sechs Runden gegeneinander antreten. Auch hier nicht alles auf offener Bühne, sondern teilweise auf dem Tablet.

Seit 2015 stehen die Wettbewerbe jedes Jahr unter einem Thema. Es fing passenderweise mit „Glaube“ an, und ausgerechnet im Jahr der Trump-Wahl, in einer Zeit, in der „alternative Fakten“ immer stärker Thema wurden, standen sie unter dem Titel „Wahrheit“. Jedes Jahr gibt es neue Schwerpunkte. Biblische Bücher oder Abschnitte von Büchern, die besonders intensiv zu studieren sind. 

Wollen Sie auch dabei sein? Im März können Sie sich wieder bewerben. Aber nur, wenn Sie in den USA wohnen und zwischen 6 und 18 Jahren alt sind. Wird also möglicherweise schwierig.

Ganz nett und lustig, finde ich. Vielleicht sogar hilfreich und auf jeden Fall ein Impuls für Kinder und Jugendliche, sich mit einem Buch zu beschäftigen, das die meisten freiwillig vielleicht nicht mehr in die Hand nehmen würden. Trotzdem bleibt für mich bei solchen Aktionen ein schaler Geschmack. Denn selbst, wenn ich viele Bibelstellen auswendig kann: Wie ich die Worte der Bibel auslege, hängt dann doch noch von vielen anderen Dingen ab. Klassische Frage: Muss ich die Schöpfungserzählungen wörtlich nehmen? Ich denke nein. Aber als Erzählung von Ur-Erfahrungen der Menschheit sind sie von einer großen Tiefe. Etwa die Sache mit der Schlange, dem Apfel, Eva und Adam. Wie oft geben wir die Schuld weiter an andere: „Eva war Schuld!“ „Nein, die Schlange war Schuld!“. Das kennen wir doch irgendwie: „Ich kann nichts dafür, die anderen haben mich da reingeritten!“

Wo wir unsere Schwerpunkte im Bibelverständnis setzen – das kann das reine Memorieren der Worte nicht bestimmen. Außer, wenn die Kommissionen, die die auswendig zu lernenden Stellen bestimmen, schon im Vorhinein eine gewisse Auswahl treffen.

Was für mich wichtig ist? Das, was Jesus sagt. Selig sind die Barmherzigen. Oder: Liebt eure Feinde und betet für die, die euch verfolgen. Wo das steht? In der Bergpredigt, Matthäus Kapitel 5 bis 7. Wo genau? Tatsächlich weiß ich, dass die Seligpreisungen in meiner Standard-Bibel auf einer linken Seite unten stehen. Aber alles andere frage ich einfach Google.

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