„Friede auf Erden!“ verkünden die Engel in der Weihnachtsgeschichte. Schöne Sache, dieser Frieden. Schade eigentlich, dass wir Menschen uns so selten daran halten können, obwohl sich doch fast alle danach sehnen.
Ich möchte da jetzt gar nicht auf die großen und kleinen bewaffneten Auseinandersetzungen in der Welt eingehen, sondern lediglich von einer kleinen, familiären Tauffeier in Boppard berichten.
Über die genaueren Umstände ist öffentlich nichts bekannt. Ist vielleicht auch besser so. Aber stellen wir uns eine ganz normale Familie vor. Sie wissen schon: Dieser seltsame Onkel Eduard mit den noch seltsameren politischen Ansichten ist auch da. Oma Inge mäkelt immer an der großen Enkelin Lena (16) herum. Und der sechsjährige Kevin, Großneffe zweiten Grades oder was auch immer, scheint gleichzeitig in der Trotzphase und der Pubertät zu stehen. Na ja, irgendwie schaffen es alle, sich in der Kirche zu benehmen. Das Kindchen ist ja auch zu süß. Holder Knabe im lockigen Haar oder ein strahlendes Mädchen oder was auch immer, wir wissen es nicht. Die Pfarrerin feiert einen schönen, fröhlichen Gottesdienst, alle zünden Taufkerzen an, machen Fotos und sind glücklich.
Und dann nichts wie ab nach Hause! Dort warten schon Kaffee, Kuchen, die ersten Schnäpse und später noch weitere Alkoholika. Onkel Eduard erzählt jetzt schmutzige Witze, die manche vielleicht vor zwanzig Jahren lustig fanden, Lena jedenfalls nicht, sie hält lautstark dagegen und tut ihr Missfallen kund. Der Täufling mit dem lockigen Haar spuckt Oma Inge auf die Haare, was diese mit „so was hätte es früher nicht gegeben!“ kommentiert und damit den eigenen Sohn, Vater des Täuflings, gegen sich aufbringt, während Onkel Eduard bei Blondinenwitzen angelangt ist, die nur er selber witzig findet, was ihn angesichts des steigenden Alkoholpegels zusätzlich wütend macht. Der Täufling sitzt nun auf Oma Inges Schoß (welche noch feuchte Haare von der Waschaktion hat) und macht fröhlich in die leider etwas verrutschte Windel, während Kevin ihr ein pädagogisches wertvolles Holzauto von hinten auf den Kopf haut. Arme Oma. Völlig normaler Familienabend also, der … na ja … ein wenig eskaliert ist.
„Friede auf Erden!“ sangen die Engel. Leider recht erfolglos in diesem Fall. 14 Polizeibeamte mussten anrücken, um die ungefähr 15 an der Schlägerei beteiligten Personen auseinanderzuhalten. Ein 22jähriger kam mit Tritten gegen den Kopf schwer verletzt ins Krankenhaus, zwei weitere erlitten Schnittverletzungen.
Friede auf Erden? Leider sind wir selbst bei Tauffeiern manchmal weit davon entfernt. Wir wünschen den körperlich Verletzten gute Besserung – und allen, die seelisch gekränkt wurden, ebenfalls.
Zumindest wird dieser Täufling immer davon berichten können, dass schon seine Taufe in der Zeitung und sogar auf tagesschau.de stand.
Friede auf Erden!