Vor einigen Tagen schwappte eine Meldung in meine Timeline auf Facebook: „Mobile Kirche trifft einen Nerv!“ Ja, tatsächlich: In Paderborn gibt es nun eine schnuckelige „Tiny Church“ als Autoanhänger. So klein ist sie gar nicht: Über 8 Meter lang, fast 4 Meter hoch, 3,5 Tonnen schwer – das ist schon eher nicht zu übersehen. „Tiny Church – Die Friedenskirche“ steht außen drauf. Innen ist sie zweckmäßig eingerichtet mit Hockern, Lautsprechern, aber ohne Altar, sonstige „kirchentypische“ Elemente. Alles sehr funktional.
Betrieben wird diese Kirche vom Kolping Schulwerk in Paderborn. Dort steht sie auch die meiste Zeit auf einem Gutshof und dient der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Aber auf Bestellung fährt sie auch los und kann andernorts genutzt werden: Für Gottesdienste und andere Aktionen.
Super, finde ich! Davon sollte es viel mehr geben. Wenn die Menschen nicht zur Kirche kommen, dann kommen wir halt zu den Menschen! „Ganz selten“ gebe es solche Angebote bisher, heißt es in dem Artikel noch.
Ganz selten? Da habe ich so meine Zweifel. Die mobilen Angebote sprießen überall aus dem Boden. Allein in „meinem“ Dekanat Schweinfurt weiß ich von drei Initiativen: Mein Kollege Andreas Duft in Schonungen, der einen alten Bauwagen zur Kirche umgebaut hat und nun im Sommer fast jeden Sonntag seine Bauwagenkirche an einen alten Traktor hängt und damit in eines seiner vielen kleinen Dörfer tuckert. Ein Coffee-Bike der katholischen Pfarrei, das immer sonntags in der Mittagszeit am Friedhof steht. Und, nun ja, ich selbst bin nun schon seit dreizehn Jahren mit der „Wagenkirche“ ökumenisch unterwegs. Gut, die ist ein bisschen kleiner als die „Tiny Church“. Sie dient auch nur selten gottesdienstlichen Zwecken. Eigentlich ist sie nur ein Blickfang. Ein Zeichen: Hier ist Kirche unterwegs. Aber sie ist so schwer, dass ich sie nur gemeinsam mit einem katholischen Kollegen in die Fußgängerzone ziehen kann. Irgendwie ein schönes Zeichen der Ökumene.
Auch an vielen anderen Orten gibt es immer mehr mobile Angebote. Vom Eistruck der Berliner Kollegin hatte ich bereits erzählt. Das ChurchBike, entwickelt vom Zentrum für angewandte Pastoraltheologie (ZAP) an der Ruhr-Uni Bochum, gibt’s in verschiedenen Varianten. Kollege Stephan Lackner von „Kirche im Blick“ in Hannover kommt mit dem Wohnmobil als mobile Kirche. Seit vielen Jahren zieht das Kirchenmobil aus Obernkirchen als „kleinste und schnellste Kirche der Landeskirche Hannovers“ durch die Gegend. Viele kleine und große Initiativen entstehen überall, um zu den Menschen zu kommen.
Gut so! Von wegen „Wir müssen die Menschen abholen, wo sie sind“. Wir sind doch kein Taxiunternehmen. Wir müssen die Menschen nicht abholen. Wir müssen da hin kommen, wo die Menschen sind – und darauf vertrauen, dass Gott dort auch schon ist. Gott gemeinsam mit den Menschen neu entdecken. Mobil und stationär. Persönlich vor Ort und digital. Einfach auf allen Wegen, an allen Orten.
Wie schon neulich bei den tanzenden Nonnen frage ich mich aber eines: Warum eigentlich ist das immer noch so etwas Besonderes? Warum ist das Bild in den Köpfen von einer verstaubten, altertümlichen Kirche so stark? Warum verwundert es so sehr, wenn die Kirche auf einmal auf Rädern daherkommt, wenn sie neue Wege geht, wenn sie überraschend auftaucht, wenn sie spricht und lebt und tanzt wie „ganz normale Menschen“?
Nun ja. Wahrscheinlich haben wir’s nicht anders verdient. Viel zu lange waren wir eben so. Oder jedenfalls die Kirchen als Institutionen und manche ihrer Vertreter. Und vielleicht sind auch zu viele immer noch so. Und sicher habe auch ich schon Menschen verärgert, aus Unachtsamkeit oder wegen einer Meinungsverschiedenheit. Wir sind nicht perfekt.
Aber: Es hilft ja nichts, zu jammern. Es hilft nur, fröhlich weiterzumachen und zu den Menschen zu gehen. Ob mit dem Autoanhänger, dem Handwagen, dem Fahrrad oder zu Fuß. Das ist unsere Mission.