Liebe Pfarrerskolleginnen und Kollegen, liebe Christinnen und Christen zu Hause, es ist dringend: Überprüfen Sie Ihre Kreuze! Zu Hause, in der Kirche, in der (bayerischen) Schule. Wehe, da steht irgendwo „INRI“ drauf! Au weia, das kostet jetzt. Ein Unternehmer hat sich nämlich tatsächlich diese vier Buchstaben als Marke gesichert. OK, Sie können aufatmen und wir entschuldigen uns in aller Form für den kleinen Clickbait in der Unterüberschrift: Das gilt nur für Textilien, Getränke, Kosmetika und Lederwaren. Wenn Ihr Kreuz also nicht aus Stoff oder Leder ist oder aus Cola, haben Sie nichts zu befürchten. Und schon gar nicht, wenn da nicht INRI drauf steht.
INRI – das ist ja eigentlich die Inschrift, die laut Bibel Pilatus an Jesu Kreuz anbringen ließ: Iesus Nazarenus Rex Iudaeorum, zu Deutsch: Jesus von Nazareth, König der Juden. INRI lässt sich halt deutlich besser und internationaler lesen als JvNKdJ. Andererseits ist JvNKdJ bisher nicht geschützt. Vielleicht sollten wir uns das als Marke eintragen lassen und in Zukunft alle neuen Kreuze mit JvNKdJ® beschriften?
Überhaupt, angesichts der Gruppierungen, die heutzutage oft den christlichen Glauben für sich in Beschlag nehmen, wäre es vielleicht an der Zeit, dass die großen christlichen® Kirchen® sich mal so ein paar zentrale Wörter sichern. Neben Jesus®, Christus® und christlich® auf jeden Fall auch noch Ostern® und Weihnachten®. Die anderen Feste interessieren sowieso niemanden.
Was für ein Geschäft! Alle Bibeln® müssten neu gedruckt werden. Wirtschaftlicher Aufschwung statt Niedergang! Und erst die Lizenzeinnahmen von allen Geschäften, die ihre Schaufenster weihnachtlich® dekorieren wollen. Von Glühwein®-Herstellern. Und sogar von Baumärkten, die Segen® verkaufen. Ach nein, das war ein Schreibfehler. Ja, manchmal wäre es schön, sagen zu können: Wir haben den wahren Glauben®. Wir haben das Copyright. Wir sagen, wie das alles auszulegen ist.
Haben wir aber nicht. Wir sind genau so auf der Suche wie alle anderen. Und deshalb hat es auch gar keinen Sinn, unsere Begriffe und Werte gerichtlich zu schützen. Selbst dann nicht, wenn es uns ärgert und schmerzt, wie Inhalte, die uns wichtig und heilig sind, kommerzialisiert oder völlig verbogen werden.
Einige davon könnten wir aber völlig ungeschützt lassen. Denn sie sind heutzutage sowieso ziemliche Ladenhüter, wenn ich mir die aktuelle politische Lage ansehe. Ich meine so abstruse Begriffe wie Barmherzigkeit. Freundlichkeit. Zuwendung. Die will ja eh keiner mehr haben. Die kriegen Sie ganz umsonst.
Schützen müssen wir diese Begriffe aber wohl. Sie verteidigen gegen die Angriffe all derer, die auf dem Rücken anderer Menschen sich selbst an erster Stelle sehen. Dafür lohnt es sich einzustehen. Und sie groß zu machen. Das ist nicht umsonst. Und es lohnt sich.
Amen®.