Rent a Profichrist!

Rent a Profichrist!
Was tun mit unsicheren Gottesdienstbesuchern, zum Beispiel bei Hochzeiten? Die FAZ hatte da so eine Idee ...

„Von Kirche haben wir ja keine Ahnung, aber die Trauung/Taufe/whatever wollen wir dann doch gerne mit allem Pipapo feiern.“ Ganz so deutlich sagen es Menschen ja meistens nicht, wenn sie zum Pfarrer/zur Pfarrerin kommen. Aber man spürt es dann ja doch: Die, die da „irgendwas mit weiß und Herz und bis der Tod uns scheidet“ begehren, die haben eigentlich keinen blassen Schimmer, was da auf sie zukommt. Höchstens aus irgendwelchen Hochzeitsberaterbüchern. Und die versammelte Gemeinde – abgesehen vielleicht von der tränenüberströmten Oma, die vor lauter Rührung sowieso nichts mitbekommt – wissen noch viel weniger. Keine Wertung – einfach nur eine Feststellung.

Schon etwas älter ist ein Artikel aus der FAZ, der DIE Lösung für dieses Problem anbietet: Ein Christ (in diesem Fall: ein Katholik) zum Mieten! Einer, der vorne sitzt und den anderen vormacht, was sie zu tun haben. Und die anderen gucken und machen nach. 150 Euro bekam „Martin“ laut diesem Artikel geboten, um genau diese Aufgabe zu erfüllen, doch er hat zunächst abgelehnt. Ein lukratives Geschäftsmodell? Könnte durchaus sein.

Für uns „Anbieter“ ergibt sich daraus eine ganz deutliche Problemanzeige: Wie führen wir Menschen, die keine Ahnung von unseren Abläufen haben, eben durch diese Abläufe? Ich finde: Ein guter Pfarrer, eine gute Pfarrerin sollte das drauf haben und mit entsprechenden „Regieanweisungen“ für mehr Sicherheit auch der Unsicheren sorgen. Damit sich alle in diesem Gottesdienst wohlfühlen. Kann aber anscheinend auch nicht jeder Kollege so.

Als „Christ zu vermieten“ wäre ich selbst jedenfalls ganz eindeutig ungeeignet. Jedenfalls, wenn ich an meine Jugend zurückdenke. Mit ungefähr 16 Jahren wurde ich vom damaligen Pfarrer zum ersten Mal gefragt, ob ich den Lektorendienst im Gottesdienst übernehmen möchte. Sprich: Epistel und Evangelium lesen. In dieser Kirche saß der Lektor zusammen mit dem Pfarrer ziemlich auf dem Präsentierteller. Und während der Gottesdienst so seinen Lauf nahm, kreisten meine Gedanken: Woher wissen die Leute eigentlich, wann sie aufstehen müssen oder sich hinsetzen müssen? Meine Lösung in diesem Moment: Die gucken auf den Lektor. Also, äh … auf MICH! Sozusagen der Vorsetzer und Voraufsteher. Nun denn. Und ich? Mittlerweile standen wir alle zum Gebet des Tages. Ich stand in meiner Bank, gefühlt alle Augen ruhten auf mir. Wer sich ein wenig auskennt im Ablauf, weiß: Nach dem Gebet des Tages kommt die Epistel. Der Pfarrer sprach „Amen“ und nickte mir zu. Und ich? Geriet in Panik. „Bestimmt meint er, dass ich mich hinsetzen soll!“ - was ich dann auch tat.

Letztlich habe ich dann Epistel und Evangelium erfolgreich vorgetragen. Der Gottesdienstablauf mit Aufstehen und Hinsetzen ist mir auch deutlich geläufiger. Aber für diesen Tag damals hätte ich mir vielleicht einen Profichristen mieten sollen. Blöd, dass die Idee dazu erst 30 Jahre später geboren wurde.

 

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