Wer singt, betet 22+2fach

Wer singt, betet 22+2fach

„Wer singt, betet doppelt“ - dieser Satz wird schon dem alten Kirchenvater Augustinus zugeschrieben, auch Luther soll ihn geäußert haben. Und irgendwie ist ja auch was dran: Singen, das ist was fürs Herz. Das macht gute Laune. Das berührt die Seele. Und: Es bleibt etwas hängen. Texte prägen sich ein, Lieder werden zum Ohrwurm. Martin Luther wusste ganz genau, was er tat, als er seine wichtigsten Botschaften in Lieder verpackte – die Menschen haben die Lieder gerne weiterverbreitet, mit Spaß und Inbrunst gesungen und nebenbei etwas über den Glauben und natürlich die Gedanken der Reformation gelernt.

Nun ja – die Schlager von damals klingen heute zum großen Teil etwas angestaubt. Aber auch sonst ist Singen nicht so wahnsinnig in. Karaoke vielleicht noch, so nach dem zweiten Glas Bier. Aber da singt sicher keiner „Ein feste Burg ist unser Gott“. Auf der anderen Seite ist die Zahl auch der christlichen Lieder mit dem „Neuen Geistlichen Liedgut“ nahezu ins Unendliche gewachsen. Wie soll sich da ein einzelnes Lied noch wirklich einprägen, zu einem „Lebensbegleiter“ werden? Außer „Danke für diesen guten Morgen“, das zumindest in Bayern im Lehrplan der 3. Klasse Grundschule steht und wirklich so gut wie nie von den Lehrkräften ausgelassen wird. Das wird dann gerne zur Taufe, zur Konfirmation, zur Trauung wiederbelebt – dazwischen aber erinnert sich kein Mensch mehr daran.

####LINKS####Die Synode der bayerischen Landeskirche sah das als ein großes Problem an: Wie sollen Menschen denn noch Lieder finden, die wirklich ihr Leben prägen? Wie sollen sie aus dem riesigen Fundus die finden, die sie begleiten durch ihr Leben? Und so hat eine Arbeitsgruppe den „Liederschatz Bayern“ zusammengestellt: 22 Lieder und 2 Kanons. Nicht danach ausgesucht, welche theologisch oder sonstwie die wichtigsten wären. Sondern danach, dass sie gut singbar sind, eine halbwegs vernünftige Aussage transportieren und auch wirklich gut bekannt sind. Man mag über die Auswahl streiten: Ich finde sie ganz gelungen.

Wirklich gut finde ich die Präsentation des Ganzen. Natürlich gibt es dazu das Liederheft: Für 1,60 Euro wirklich günstig gemacht, leider nur über das Gottesdienst-Institut bestellbar und nicht im normalen Buchhandel erhältlich. Eine CD dazu für 12 Euro. Pädagogisches Begleitmaterial für Schule, Gemeinde und so weiter. Und die Webseite: http://www.liederschatz-bayern.de/ - mit allen Liedern, allen Texten, verschiedenen Hörbeispielen.

Jetzt müssen diese Hefte nur noch in Schule und Gemeinde angenommen werden. Natürlich ist es jetzt nicht Pflicht, bei jeder Gelegenheit nur noch aus diesem Heft zu singen. Aber diese Lieder wirklich mal öfter heranzunehmen – das kann ja wirklich nicht schaden.

Ein kleines Ratespiel haben die Verfasser in die Druck-Version übrigens auch eingebaut. Im Lied „Der Mond ist aufgegangen“ hat sich ein kleiner Fehler eingeschlichen. Mal sehen, ob Sie das Lied noch so gut kennen, dass Sie gleich draufkommen. So steht's im Buch (dort stehen auch noch die weiteren Strophen, aber wir wollen's ja nicht übertreiben):

1. Der Mond ist aufgegangen,
die goldnen Sternlein prangen
am Himmel hell und klar.
Der Mond steht schwarz und schweiget,
und aus den Wiesen steiget
der weiße Nebel wunderbar.

2. Wie ist die Welt so stille
und in der Dämmrung Hülle
so traulich und so hold
als eine stille Kammer,
wo ihr des Tages Jammer
verschlafen und vergessen sollt.

3. Seht ihr den Mond dort stehen?
Er ist nur halb zu sehen
und ist doch rund und schön.
So sind wohl manche Sachen,
die wir getrost belachen,
weil unsre Augen sie nicht sehn.

Text: Matthias Claudius 1779
Melodie: Johann Abraham Peter Schulz 1790

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