Ich gestehe: Nachdem ich einen Blick auf die Teilnehmer der ersten Sendung von "Tacheles" bei Phönix gesehen habe, habe ich mich entschieden nicht einzuschalten. Vor allem, als ich die Statements der Gäste auf der Webseite last - und kurz nachdem das ZDF ja auch schon irgendwie in diese Kerbe hieb, dieses "Soziale Netzwerke haben alle deine Daten!"-Panikmachen dachte ich mir: Nee. Muss nicht sein. Dabei fand ich es noch interessant, dass Frau Keßler als Bischöfin meiner Kirche meinte, sie sei nicht gegen Facebook - aber dann...
Ja, Frau Keßler hat ein Profil. Ja, sie hat auch geschrieben, sie fände Gespräche im normalen Leben wichtiger. Gut. Kann ich auch verstehen, denn soweit ich das sehe gibts im Facebook-Profil - oder doch vielleicht eher der Fanpage? - auch keine Möglichkeit sich aktiv auf Facebook mit ihr in Verbindung zu setzen. Sie postet auch noch nicht mal irgendwas. Da gibts keine Pinnwand, an die ich irgendwas schreiben könnte oder mit der sie auf die Gottesdienste aufmerksam machen könnte. Vermutlich gibts noch irgendwo andere Angebote, wo sie dies tut. Eine Zeitung, die keine Leserbriefe abdruckt, nein, eine Zeitung auf der nur ein Impressum steht - das ist das passende Bild dafür.
Im Grunde genommen hat Frau Keßler nicht Unrecht, ja, natürlich ist Intimität - und das ist eigentlich das, worum es bei der Diskussion geht im Grunde genommen - ein Teil der Privatheit, der nicht jedem zugänglich sein sollte. Jugendliche haben auch das Bedürfnis sich zu profilieren, aber der Wunsch nach vielen Fans wird ja auch von Unternehmen geprägt. Je mehr Fans, desto besser ist man im Wettbewerb. Dass Jugendliche sowas auch unreflektiert übernehmen keine Frage. (Deswegen plädiere ich ja dauernd dafür, das Fach "Medienkompetenz" in die Schulen aufzunehmen und nicht in irgendwelche Computer-AGs als freiwliige Leistung abzuschieben - mit kompetentem, geschulten Personal dann auch.)
Wenn ich aber die letzten Zeilen lese, dann frage ich mich: Warum hat Frau Keßler ein Facebook-Profil, wenn Computer ja doch nur Zeitfresser sind? Und zwischen den Zeilen lese ich dann auch, dass das Internet ja auch blöd ist, weil ja Freunde im wirklichen Leben so viel wichtiger sind. Dass sich Freundschaften im Netz bilden können und diese dann ins reale Leben übergreifen - das kommt bei Frau Keßler wohl kaum vor. Kann es auch nicht. Nicht, wenn man dem Grundsatz verfogt "Wasch mich, aber mach mich nicht nass."