Ein kleines Wegkreuz, wenige Meter vom Zaun des Atomkraftwerks Grafenrheinfeld entfernt. In unmittelbarer Nachbarschaft ragen die Kühltürme in schwindelerregende Höhen. Wer hier steht, fühlt sich winzig. Wie sollte ein Mensch gegen ein derartiges Ungetüm irgend etwas ausrichten können?
Doch einmal im Monat, am letzten Sonntag um 14 Uhr, kommen an diesem Wegkreuz Menschen zusammen. Die BA-BI, eine örtliche Umweltinitiative, lädt dazu ein. Schon seit den 70er Jahren hatte die BA-BI bzw. ihre Vorgängerorganisationen gegen das Atomkraftwerk und für Umwelt- und Naturschutz gekämpft. 1981 ging der Meiler in Betrieb; er ist seit dem von der Bundesregierung verkündeten Atom-Moratorium der älteste in Deutschland, der noch Strom produziert. Nur fünf Jahre später kam es zu der Katastrophe in Tschernobyl. Bewegt von den Erlebnissen und Berichten, luden einige Frauen aus der BA-BI ein zu einer Andacht für Frieden und Umweltschutz an diesem Wegkreuz.
Und seitdem, seit fast 25 Jahren, kommen sie einmal im Monat hier zusammen. Egal, welches Wetter. Egal, was für ein Tag das ist: Der letzte Sonntag im Monat gehört diesem Wegkreuz. Der letzte Sonntag im Monat gehört dieser ökumenischen Andacht zur Bewahrung der Schöpfung. Pfarrerinnen und Pfarrer beider Konfessionen werden eingeladen, bringen ihre Gedanken ein. Noch nie hat einer gesagt: Nein, das mache ich nicht. Einige engagieren sich mehr, andere weniger.
Manchmal ist es nur ein kleines Häuflein, das hier zusammenkommt. Es gehört schon einiges an Stehvermögen dazu, diese Aktion am Leben zu erhalten, durchzuhalten, wenn mal nur ganz wenige da sind. Manchmal stoßen Spaziergänger zufällig dazu, bleiben dabei und feiern mit. Dann wieder, besonders an den Tschernobyl-Jahrestagen, kommt doch eine beachtliche Zahl zusammen. Im März, kurz nach Fukushima, waren es 44, doch meistens sind es so zehn bis 15 Leute, die hier miteinander beten und singen, klein und unscheinbar neben den riesigen Kühltürmen. Und doch, so mühselig es ist: Steter Tropfen höhlt den Stein.
Foto: Maria Mündlein