Wie reimte schon TBC, das „Totale Bamberger Cabaret“, vor Jahren? „Lieber Gott, ich bin ein Franke – danke!“ Ja, ich gehöre zu diesem etwas seltsamen Menschenschlag in der Gegend um den Main. Menschen, die sich tierisch aufregen können, wenn sie als „Bayern“ bezeichnet werden, obwohl Franken jetzt schon 200 Jahre zu Bayern dazugehört(/unter Napoleon annektiert wurde). Menschen, die nicht zwischen einem „harden“ und einem „weichen“ d (t? Was ist das?) unterscheiten können. Meisdens auch beim b unt p. Aper wir versuchen es immer wieter, was zu sehr seldsamen Verrengungen führd.
Auch kulinarisch hat unsere Gegend wirklich einiges zu bieten. Frankenwein und viele kleine Bierbrauereien. Aber als Mittelfranke, den es ins weitgehend katholische Unterfranken verschlagen hat, leide ich ein wenig unter den Unterschieden vor allem bei „unserer“ größten Spezialität: Der Bratwurst. Die Thüringer und alle anderen Bratwurstesser mögen es mir verzeihen, aber eine echte fränkische Bratwurst ist einfach etwas Besonderes. Ich kenne sogar einen Nürnberger Vegetarier, der für sich beschlossen hat: Nürnberger Bratwurst ist kein Fleisch, das ist Kultur. Die kann er esssen.
Nur leider: Franken ist zweigeteilt. Es gibt Gegenden, die sind mehrheitlich evangelisch (vor allem in Mittelfranken), andere sind mehrheitlich katholisch (Unterfranken); Oberfranken ist bunt gemischt.
Das wäre mir eigentlich egal, hätte es nicht gewaltige Auswirkungen auf die Bratwurst, unser Kulturgut Nummer eins! Ja, es gibt tatsächlich eine Untersuchung, die besagt: Es gibt evangelische und katholische Bratwürste. Je nachdem, ob man sich im evangelischen oder katholischen Teil Frankens aufhält, bekommt man völlig andere Würste. Und angeblich gibt es in den „Grenzgebieten“ sogar Metzgereien, die beide Sorten anbieten – und in denen man selbstverständlich „evangelische“ oder „katholische“ Bratwürste bestellen kann.
Der Unterschied ist offensichtlich, wenn man sie probiert: Die „evangelischen“ Bratwürste bestehen aus viel gröberem Fleisch. Direkt aus dem Fleischwolf, ein bisschen Salz und Pfeffer und viel Majoran dazu, eventuell noch Piment und Muskatnuss – fertig ist die evangelische Wurst. Die katholische dagegen enthält Brät: Schweinefleisch, das „gekuttert“ wurde, also mit einem speziellen Gerät ganz fein zerkleinert wurde. Das gibt eine viel festere Konsistenz. Man kann tatsächlich sagen: Je höher der Brät-Anteil der Wurst, desto katholischer der Ort, an dem sie hergestellt wurde. Von den „Schweinswürstl“ südlich der Donau – mit zum Teil 100% Brät-Anteil – wenden wir Evangelischen uns mit Grausen ab.
Woher das kommt? Heinrich Höllerl, der ein Buch über die fränkische Bratwurst geschrieben und dabei diese Grenzen entdeckt hat, weiß es auch nicht. Er vermutet, dass es mit dem protestantischen Purismus zu tun haben könnte, der „nicht einmal in der Wurst überflüssiges Beiwerk duldete“.
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten; über Konfessionen auch. Aus rein kulinarischen Gesichtspunkten bin ich jedenfalls froh, dass ich evangelisch bin. Mahlzeit!
Mehr dazu im Sonntagsblatt Bayern: http://www.sonntagsblatt-bayern.de/news/aktuell/2004_33_08_01.htm
Heinrich Höllerl (Autor), Gisela Hellinger (Illustrator): Die Bratwurst ist eine Fränkin: Genüssliche Monographie eines Kult-Nahrungsmittels, Echter-Verlag, 2., überarb. u. verb. Auflage 2005, 162 Seiten, 12,80 Euro