Ihr Glückspilze!

Geistvoll in die Woche
Ihr Glückspilze!
Ostern ist omnipräsent. Alle haben Ferien, die Blumen blühen, die Häslein hoppeln und in der Bäckerei gibt es Osterbrot! Christen bemerken dabei oft gar nicht, wie privilegiert sie damit sind...

Zu Ostern bin ich immer ein wenig neidisch auf die Christenheit. Nicht wegen des gekreuzigten und auferstandenen Messias - diese Geschichte finde ich (verzeiht mir) nach wie vor eher befremdlich, sondern wegen eurer Feiertags-Privilegien. 

Ein großes Fest im Frühling mit Schulferien im ganzen Land ist eine ziemlich coole Sache: Familien können zusammenkommen und Zeit miteinander verbringen. Im TV laufen Jesus-Filme, mancherorts sogar Passionsspiele und die Geschäfte sind überall österlich dekoriert, wenn auch eher heidnisch als christlich, aber egal. Selbst bei Flixbus gibt es einen Osterfahrplan! Will sagen: Jeder bekommt mit, es ist Ostern.

Ostern ist wie Weihnachten omnipräsent. Nur, dass die bunten Kugeln nicht mehr an der Tanne, sondern an den Forsythien-Zweigen hängen und etwas in die Länge gezogen wurden...
Wenn man will, kann man - einfach so und ganz spontan - einen Ausflug machen, in eine andere Stadt, und kann dort in eine x-beliebige Kirche spazieren, um an einem Gottesdienst teilzunehmen. Es gibt sogar Gottesdienste unter freien Himmel und Prozessionen. Soviel Leichtigkeit hätte ich auch mal gerne... 

Wenn wir Juden in drei Wochen Pessach feiern, ist die Situation komplett anders. Kein Geschäft hat dekorative Mazzen oder Sederteller in seiner Auslage, Ferien gibt es natürlich auch nicht. Wer feiern will, muss in der Schule einen freien Tag anfragen. Und wenn ich mit meiner Familie in einer anderen Stadt in die Synagoge möchte, muss ich uns im Normalfall vorher anmelden, mit Papieren - wegen der Sicherheit. Vor Ort muss ich mich dann von der Security durchchecken lassen und das ist logischerweise nicht nur zu Pessach so, sondern an jedem normalen Shabbat-Gottesdienst. Und zwar immer & überall. 

Nahezu niemand kennt hierzulande Pessach oder weiß, was da gefeiert wird, und wenn die Leute doch was wissen, dann nennen sie das Fest häufig "Paschafest" - als ob wir irgendeinen Pascha abfeiern würden. Zum Shabbat sagen diese Leute hingegen "Sabbat", was genauso seltsam klingt in meinen Ohren. Ich werde nie verstehen, warum man sich am Griechischen orientiert, wenn man hebräische Feiertage benennt - aber ich schweife ab.... 

Was ich Euch eigentlich sagen will: Macht euch zwischendurch mal klar, was ihr für Glückspilze seid. In einem Land zu leben, in dem nicht nur Religionsfreiheit herrscht, sondern eure Feiertage den gesamten Alltag dominieren. Macht euch bewusst, wie sicher und "safe" ihr in euren Gotteshäusern seid - und zwar meistens ganz ohne Polizei vor der Kirche und Sicherheitsschleuse. Seid dankbar für diese Leichtigkeit! Und wenn Ihr ein bisschen Zeit habt: Lernt mal was über Pessach. Schließlich war Jesus Jude und das Abendmahl, was ihr grade so ausführlich in euren Gemeinden thematisiert habt, ist ein jüdischer Sederabend. Also macht es Sinn, etwas darüber zu wissen. 

In diesem Sinne: Frohe Ostern Euch! 


 

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