Vernichtungsfantasien?

Vernichtungsfantasien?
Woher kommt die Wut?

Wie kommen Menschen dazu, andere Menschen vernichten zu wollen? Das frage ich mich zwischen Giftgas-Angriffen und Twitter-Fantasien. Es gab vorzeiten eine Errungenschaft der Menschengemeinschaft, die besagte: Wenn du verletzt wirst, dann verletze nur im selben Maß! Daher das Bibel-Wort ‚Auge um Auge‘. Hau dem anderes nicht den Kopf ab, wenn ‚nur‘ dein Auge verletzt wurde. Behalte bei aller Wut die Proportion. Denn wenn alle überreagieren, dann wächst bald nichts mehr auf der Erde.

Dies scheint im Moment aus den Fugen zu geraten. Wer Giftgas oder Atombomben wirft, will keinerlei Ausgleich mehr, sondern nur noch Vernichtung. Triumph ist ein kurzer Moment. Er verdunstet schnell. Weiteren Streit gibt es dann sicher bald mit den Leuten, die auf meiner Seite waren. Jeder Mensch, der andere vernichten möchte, wird damit im Grunde nie fertig. Immer wachsen neue Gegner nach. Die Lust am Auslöschen endet erst, wenn alles ausgelöscht ist. Und dann sitzt man alleine auf der Erdkugel und alles ist verbrannt.

Daneben später weitere verrückte Worte der Bibel: ‚Liebt eure Feinde.‘ Das war nie eine Handlungsanweisung. Feinde lieben kann man von Natur aus nicht. Dieses Wort wollte einen Raum zum gemeinsamen Leben offen halten. Es wollte das Gesetz ‚Auge um Auge‘ überholen, denn auch das klappt nicht. Die Vernichtungs-Fantasien wachsen schon beim kleinsten Streit. Deshalb besser gar nicht erst anfangen mit dem Vergelten. Aber wie viel menschliche Größe gehört dazu!

Das war und ist die leise dringende Erinnerung des Jesus von Nazareth. Eine sehr leise Stimme. Sie hört nicht auf. Sie dringt unermüdlich durch die gleichen Ritzen wie das Giftgas. Und sie sagt zu den Vernichtern dieser Welt: Tu‘s nicht! Pack Gas und Atom weg. Du wirst als einziger übrig bleiben und dich dann selber umbringen.

Aber die Welt ist grade wieder verliebt ins Triumphieren.  Sie wählt sich neue Führer, die das Leben in Sieger und Verlierer einteilen möchten.

 Gut, wenn Christen wie aus der Zeit gefallene Wesen dazwischen reden. Hilflose und treue Friedensmärsche zelebrieren. In den Orten und Städten Feindesliebe wiederkäuen, die sie selbst kaum einhalten können - aber als einzige Vision behalten, um vielleicht das Schlimmste zu verhindern.

 

weitere Blogs

Die Situation für queere Menschen hat sich weltweit verschlimmert. Auch in Europa haben wir es mit einer strukturellen und zunehmenden Queerfeindlichkeit zu tun. Die Kirchen dürfen hier nicht schweigen, fordert Christian Höller.
In Düsseldorf machte sich ein Heliumballon am Heiligen Abend selbstständig – und hängt bis heute 40 Meter über dem Altar …
Kirchenansicht bei Nacht in der Wiener Votivkirche
Ein berührender und atmosphärisch beeindruckender queerer Kreuzweg mit persönlichen Geschichten, Musik, Tanz und Gebet fand in der Wiener Votivkirche statt. Ein Bericht von Katharina Payk.