Und Sara lachte...!

Lachen, Sara, Abraham, Isaak, Selbstironie
Und Sara lachte...!
"Das Leben wäre traurig, wenn wir nicht mehr (über uns selber) lachen könnten." Wolfgang Schürger über die befreiende Wirkung des Lachens - auch in schwierigen Zeiten.

Dragqueens sind tendenziell böse - das habe ich vorletzte Woche bei der Arosa Gay Skiweek gerade wieder erleben dürfen. Und doch lachen wir genau über diese bösen Witze, die oft gepaart sind mit einer guten Dosis Selbstironie. Das Leben wäre traurig, wenn wir nicht mehr (über uns selber) lachen könnten...

Lachen ist ein universelles Phänomen, das jeder kennt und erlebt. Es ist ein wichtiger Teil unserer emotionalen Sprache und hat einen unbestreitbaren psychologischen Wert. Lachen ist eine emotionale Reaktion auf humorvolle oder amüsante Reize. "Natürliches" Lachen ist eine spontane Reaktion auf eine überraschende oder unerwartete Situation. Dadurch hilft es, solche unerwarteten Situationen zu verarbeiten. Lachen ist also auch eine soziale Handlung, es hilft uns mit anderen in Verbindung zu kommen oder zu bleiben.

Einer der größten psychologischen Vorteile des Lachens ist seine Auswirkung auf unsere Stimmung. Lachen kann uns helfen, Stress und Angst abzubauen und uns ein Gefühl von Glück und Freude zu vermitteln. Es aktiviert das Belohnungssystem im Gehirn und setzt Endorphine frei, die als natürliches Schmerzmittel wirken und uns ein Gefühl von Wohlbehagen und Entspannung geben. Bei Depressionen und Angststörungen kann Lachen eine therapeutische Wirkung haben, da es die Stimmung verbessert und die Belastung reduziert.

Lachen kann uns sogar helfen, Probleme besser zu lösen und uns kreativ und produktiv zu fühlen. Es fördert die Kommunikation und verbessert unser Gedächtnis, indem es uns hilft, Informationen besser zu verarbeiten und zu speichern.

Die christlichen Kirchen haben eine ambivalente Beziehung zum Lachen: "Die Christen müssten erlöster aussehen, wenn ich an ihren Erlöser glauben sollte", meinte schon der Philosoph Friedrich Nietzsche. Und in Umberto Ecos Roman "Der Name der Rose" kämpft der Mönch Jorge von Burgos derart fanatisch gegen das Lachen, dass mehrere Mitbrüder den Tod finden und schließlich die gesamte Klosterbibliothek in Flammen aufgeht. Lachen untergrabe die Autorität der Kirche, ist Jorge überzeugt - Lachen also als subversiver Akt.

Andererseits hat Lachen in der christlichen Liturgie Tradition - und zwar in der Osternacht: Die versammelte Gemeinde lacht über den Tod, dessen Macht Gott mit der Auferweckung Jesu gebrochen hat! Auch am Faschingssonntag sind in vielen Kirchen Predigten zu hören, bei denen ausdrücklich gelacht werden darf: Lachen als emotionale Reinigung angesichts der bevorstehenden Passionszeit.

Lachen ist sogar biblisch: In Gen/ 1. Mose 18 wird erzählt, wie Sara über Abraham, sich selbst und ja, auch über Gott lacht: Abraham und Sara sind in die Jahre gekommen und kinderlos geblieben. Damit der Name Bestand hat, also die Familie fortbesteht, hat Sara bereits in früheren Jahren ihre Sklavin Hagar gleichsam zur Leihmutter gemacht, mit der Abraham den ersehnten Stammhalter gezeugt hat - was nicht ohne Konflikt zwischen den beiden Frauen geblieben ist (s. Gen/ 1. Mose 16). Jetzt, im hohen Alter, bekommen die beiden Besuch von Gott, der in Gestalt von drei Wanderern bei Abraham auftaucht. Während Sara im Inneren des Zeltes das Essen für die Gäste zubereitet, hört sie, wie diese zu Abraham sagen, dass Sara innerhalb eines Jahres von ihm schwanger werden wird. Darüber kann Sara dann doch nur lachen: "Nun, da ich alt bin, soll ich noch Liebeslust erfahren, und auch mein Herr ist alt!" (Gen/ 1. Mose 18,12).

Lachen an der falschen Stelle kann ja aber bekanntlich das Miteinander auch empfindlich stören - und so ist es ihr gleich ziemlich peinlich, dass der Besuch ihr Lachen offensichtlich mitbekommen hat. "Da sprach der HERR zu Abraham: Warum lacht Sara und spricht: Sollte ich wirklich noch gebären, nun, da ich alt bin? Sollte dem HERRN etwas unmöglich sein? Um diese Zeit will ich wieder zu dir kommen übers Jahr; dann soll Sara einen Sohn haben. Da leugnete Sara und sprach: Ich habe nicht gelacht –, denn sie fürchtete sich. Aber er sprach: Es ist nicht so, du hast gelacht." (Gen/ 1. Mose 18,13-15)

Anders als Jorge von Burgos in Ecos Roman sieht Gott sich durch das Lachen Saras aber offenbar ganz und gar nicht in seiner Autorität bedroht. Es scheint ihn vielmehr darin zu bestätigen, das scheinbar Unmögliche möglich zu machen: Innerhalb eines Jahres kommt Isaak zur Welt, als Sohn Abrahams und Saras. Der Name ist Programm, denn er bedeutet übersetzt nichts anderes als "Gott hat mich zum Lachen gebracht". Noch bei der Geburt lacht Sara darüber: "Wer hätte wohl von Abraham gesagt, dass Sara Kinder stille! Und doch habe ich ihm einen Sohn geboren in seinem Alter." (Gen/ 1. Mose 21,7).

Als junge Frau war Sara verzweifelt, dass sie keine Kinder bekommen konnte - so verzweifelt, dass Hagar zur Leihmutter werden musste. Jetzt schaut sie lachend auf ihr Leben zurück und erinnert sich, wie durch den komischen Besuch von drei Männern Unmögliches möglich wurde.

Zurück zur Gay Skiweek in Arosa: Es ist immer ein sehr internationales Publikum, das dort versammelt ist. Ich habe Menschen getroffen, deren Wurzeln im Iran, in Israel, in den USA oder in Russland liegen. Die aktuellen Probleme unserer Welt und auch die schwierige Situation der queeren Community in manchen dieser Länder waren in den Gespräch schnell präsent - auch die Sorge um gute Freunde, die unter Repressionen leiden. Die Drag Shows waren ein Moment, von den Sorgen der Gegenwart Abstand zu gewinnen. Das Lachen über den bösen Witz so mancher Dragqueen war befreiend, hat Distanz geschaffen zu den Herausforderungen des Alltags. Eine nötige Unterbrechung, um neue Kraft und Hoffnung zu gewinnen!

Weblinks

Uwe Birnstein: "Lachen ist unchristlich";
Ursula Homann: "Das Christentum und der Humor" (mit weiterer Literatur)

Umberto Ecos "Der Name der Rose" im Abstract

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