Im Namen Gottes? - "Homoheilung" unter dem Label "evangelisch"

Im Namen Gottes? - "Homoheilung" unter dem Label "evangelisch"
Foto: Katharina Payk
"Dämonenaustreibungen" werden noch immer angewandt, um die angebliche Krankheit Homosexualität zu heilen - auch durch evangelische Christ_innen.

Zu meinen Studienzeiten gingen wir 2009 in Marburg auf die Straße gegen den 6. Internationalen Kongress für Psychotherapie und Seelsorge, auf dem prominente Vertreter_innen der sog. Konversionstherapien und Ex-Gay-Bewegung, darunter Christl Vonholdt (Deutsches Institut für Jugend und Gesellschaft), Markus Hoffmann (Wüstenstrom) und Roland Werner (CVJM und Christustreff) sprachen.

Dieses Jahr im Mai wird dieser Kongress zum achten Mal in Würzburg tagen. Auch dieses Mal drehen sich laut Programm viele Seminare um Sexualität. In Seminaren wie „Über Sexualität in der Gemeinde reden – seelsorgerliche Beratung bei Fragen im Bereich Internetpornografie“ wird es um „Fehltritte“ und „praktische Hilfen“, die die Bibel thematisiere, gehen.

Immer wieder gibt es öffentliche Veranstaltungen z.B. vom evangelikalen Lager, zu dem auch viele evangelische Menschen gehören, die Lesben, Schwule, Bisexuelle und Transgender von ihrer angeblichen Krankheit und Störung heilen möchten. Evangelisch.de berichtete letztes Jahr beispielsweise über den sog. Sexualethik-Kongress in Kassel, der vom Weißen Kreuz veranstaltet wurde, einer Organisation, die zum Diakonischen Werk der EKD gehört. Auch hier war Christl Vonholdt eingeladen und hat damit eine Plattform für ihre homofeindlichen Thesen bekommen.

Vorgestern lief im NDR eine Fernsehdokumentation (Die Schwulenheiler 2) über sog. Dämonenaustreibungen bei Schwulen, Lesben und bisexuellen Menschen – unter dem christlichen Deckmantel. Der Reporter Christian Deker, selbst schwul, hat nach seiner ersten Sendung zu dem Thema im letzten Jahr erneut recherchiert. Er interviewte einen jungen schwulen Mann, Bastian Melcher, dem in seiner evangelischen Freikirche immer wieder gesagt worden war, dass Homosexualität eine Sünde sei. Melcher war auf den vielfachen Druck und die darauffolgenden Suizidgedanken zu einem Arzt geschickt worden, der ihn „heilen“ sollte: Dr. Arne Elsen. Es war der gleiche Mediziner, den auch Christian Deker aus Recherchezwecken für seine erste Reportage aufgesucht hatte. Beide erlebten bei dem Arzt das Gleiche: Dr. Elsen gab an, mithilfe von Gebeten u.a. Dämonen auszutreiben – böse Geister, die das Schwulsein ausgelöst hätten.

Auch queer.de berichtete darüber. Die Webseite rund um LGBT-Themen lässt – genauso wie der NDR – Kritik an der EKD laut werden, schließlich agieren viele dieser Organisationen unter dem Mantel der EKD, da sie Mitglied im Diakonischen Werk sind, beispielsweise das Weiße Kreuz oder die Offensive Junger Christen, zu der wiederum auch das Deutsche Institut für Jugend und Gesellschaft gehört.

Außerdem darf nicht die Augen davor verschlossen werden, dass es noch immer einzelne Pfarrer_innen und Gemeinden der offiziellen evangelischen Landeskirchen gibt, die Homosexualität als Krankheit, Störung und Sünde sehen, von der es sich aus – deren – christlicher Sicht zu heilen bzw. zu befreien gelte.

Obama sprach sich aktuell für ein Verbot sog. Konversionstherapien aus. Medizinische und psychologische Expert_innen warnen schon lange vor den immensen seelischen Schäden (Depressionen, Suizid) durch sog. Reparativtherapien. Der Weltärztebund sprach sich 2013 bei seiner 64. Generalversammlung explizit gegen sie aus. Ganz zu schweigen von ethischen Aspekten!

Am Deutschen Evangelischen Kirchentag, der vom 3.-7. Juni 15 in Stuttgart stattfindet, werden sich übrigens keine homofeindlichen Gruppen wie z.B. Wüstenstrom oder deren Unterorganisation Bruderschaft des Weges präsentieren dürfen, wie z.B. die Stuttgarter Zeitung berichtete.

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