Facebook und Google: Die notwendigen Übel

Facebook und Google: Die notwendigen Übel
Amnesty International hat einen neuen Report über die "Überwachungs-Giganten" geschrieben, der das Dilemma auf den Punkt bringt: die Geschäftsgrundlage von Facebook und Google ist problematisch, aber niemand kann sich ihnen entziehen, ohne irrelevant zu werden.

Facebook und Google sind Internet-Plattformen, die davon leben, systematisch Menschenrechte zu verletzen. Das ist die Kernthese eines neuen 60-Seiten-Berichts von Amnesty International über Facebook und Google (Surveillance giants: How the business model of Google and Facebook threatens human rights). Überwachungs-Giganten nennt Amnesty die beiden Plattformen, die fast jeder nutzt, der sich im Internet bewegt. Zwischen Facebook, Instagram, Whatsapp, YouTube, Google, Chrome und nicht zu vergessen Android sind die beiden für 4 Milliarden Internetnutzer weltweit unausweichlich.

Übrigens auch für Amnesty, deren Global Director of Marketing Osama Bhutta das Dilemma auf den Punkt bringt, das wir auch als Kirche haben: Wir können trotz aller Kritik nicht auf Facebook und Google verzichten, wenn wir unsere Botschaft in die Welt tragen möchten. „Es gibt einfach keine brauchbare Alternative, um die Öffentlichkeit zu erreichen.“ Die derzeit einzige Möglichkeit sei, dieses Dilemma zu benennen und offen und öffentlich darüber zu reden, schreibt Bhutta in seinem Begleitschreiben.

Es gibt wenig Aussicht auf Auswege aus dem Überwachungs-Dilemma. Facebook und Google, aber auch Amazon und die anderen wenigen großen Player, werden auf ihr Geschäftsmodell vorerst nicht verzichten. Sie sind darauf angewiesen, dass sie über große Datenmengen Annahmen über jede einzelne von uns treffen können und daraufhin viel passendere Werbung anbieten können als jedes andere Medium auf diesem Planeten. Es ist immer noch die Marktmacht der Werbebranche und die Notwendigkeit im Kapitalismus, die eigenen Produkte über Werbung anzupreisen, die die Plattformen finanziert.

Ein Teil davon ändert sich allerdings ganz langsam. In der Kakophonie der Produkte und Angebote finden vor allem diejenigen ihr Publikum, von denen uns unsere Freunde erzählen. Damit, dass jemand einfach so auf Werbung klickt, kann man im Zeitalter der Ad-Blocker auch nicht mehr rechnen. Das gilt natürlich nicht für native Werbung auf Facebook oder Instagram: Da, wo uns andere von Produkten & Erfahrungen erzählen (auf Social Media), ist solche Werbung nach wie vor unerlässlich.

Scott Galloway, Marketing-Professor an der New York University, hat es im Pivot-Podcast auf den einfachen Satz gebracht: "Facebook and Google are a tax, not a tool" - sie sind verpflichtende Steuern, keine Werkzeuge. Denn mindestens auf Facebook und Google präsent zu sein ist eine Pflicht für alle Marktteilnehmer, der niemand entkommt. Wenn sich nicht ein alternatives Internet wie Tim Berner-Lees "Solid" durchsetzt, in dem Nutzer*innen selbst ihre Daten speichen und fallweise selbstbestimmt zur Verfügung stellen, wird sich das auf absehbare Zeit allerdings nicht ändern.

Amnesty sieht das genauso und fordert deshalb Regulierungen, die verhindern, dass der Zugang zu unverzichtbaren Onlinediensten mit unbegrenzter Überwachung des eigenen persönlichen Handelns bezahlt werdenn muss. Den ganzen Report "Surveillance giants" mit allen Empfehlungen gibt es hier zum Download (PDF, englisch).

Noch was ganz anderes zum Schluss: Elon Musk hat Teslas „Cybertruck“ vorgestellt. Mein Eindruck: Elon Musk ist einfach kein guter Präsentator und der Truck ist ¯\_(?)_/¯, aber das kleine elektrische Allrad-Quad, das zusätzlich auf den Markt kommen soll, könnte richtig praktisch sein.

Vielen Dank für's Lesen und Mitdenken!


Im Blog Confessio Digitalis schreibe ich meine Beobachtungen, Links und Interviews zu den Themen Digitalisierung, Digitale Kirche und digitalisierte Welt auf. Ich bin erreichbar auf Twitter als @dailybug.

P.S.: Leser*innen haben mich darauf hingewiesen, dass "Digitalis" auch der Name der Fingerhut-Pflanzen ist, die zu Gift verarbeitet werden können. Das lässt den Blogtitel "Confessio Digitalis" natürlich ein bisschen fies klingen. Andererseits behandelt man mit Digitalis-Präparaten auch Herzprobleme. Und dass das digitale Herz der Kirche besser schlägt, ist mir ein Anliegen. Deswegen lasse ich den Namen des Blogs so - nehmt es als Präparat!

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