„Grumpy Old Men“ ist der englische Titel des Films „Ein verrücktes Paar“, in dem Walter Matthau und Jack Lemmon zwei verfeindete Nachbarn in fortgeschrittenem Alter spielen. Was im Film sehr amüsant dargestellt wird, ist in der Wirklichkeit weniger unterhaltsam. Denn auch wir haben leider einen solchen grumpy old man (in der Einzahl, zum Glück) zum Nachbarn. Am hinteren Ende unseres Gartens grenzt sein Grundstück an unseres – genau dort, wo einer der beiden Apfelbäume recht nah am Zaun steht. Zwei Äste rag(t)en über den Rasen in der äußersten Ecke von Nachbars Garten.
Es ist mir klar, dass nicht jeder an den gleichen Dingen Freude hat wie sein Nachbar. Und dass über die Grundstücksgrenze wachsende Pflanzen Grund für aberwitzige gerichtliche Auseinandersetzungen sind, wissen wir spätestens seit dem legendären „Maschendrahtzaun“. Deshalb hatten der Mann und ich beschlossen, den uns ansonsten unbekannten Nachbarn zu kontaktieren. Wir wollten ihn fragen, ob er sich durch den Baum gestört fühle und ihm sagen, dass wir im Winter die Äste schneiden werden und er derweil gern die zu ihm hinüberwachsenden Äpfel ernten und für sich verwenden dürfe. Und wir wollten ihm eine Flasche von unserem selbstgemachten Apfelsaft schenken, sozusagen als „Entschädigung“ und als Zeichen unseres Interesses an einer guten Nachbarschaft.
Nun ist er uns zuvorgekommen. Vor Kurzem lagen eines abends Äste sowie jede Menge Äpfel auf unserer Seite des Zauns. Abgesehen von der fehlenden Kommunikation störte mich daran, dass er mit seiner „Ladung“ die Farne plattgemacht hatte, die am Zaun stehen. Wir suchten also das Gespräch, informierten ihn, dass wir im Winter einen Fachmann zur Beschneidung des Baumes kommen lassen werden, um das Problem zu lösen. Und baten ihn, bis dahin das Fallobst nicht einfach herüberzuwerfen, sondern, wenn er die Äpfel nicht behalten möchte, uns Bescheid zu sagen, wir würden sie dann abholen.
Leider war alles vergeblich. Der alte Kauz beharrte darauf, weiterhin Äpfel, Äste und Laub über den Zaun zu werfen „like I have always done it“, wie er es immer getan habe. Er sei schon mit den vorigen Bewohnern des Hauses nicht klargekommen und es sein „unser Problem“, dass nun wir hier wohnten. Und wirklich, schon am nächsten Tag lag wieder eine „Lieferung“ auf den Farnen. So viel Störrigkeit ist vermutlich nicht mal bei Walter Matthau und Jack Lemmon festzustellen, und auch der Humor bleibt bei unserem grumpy old man etwas auf der Strecke. Aber angesichts seines fortgeschrittenen Alters und dem nahen Ende der Apfelsaison werden wir versuchen, ihn zu ignorieren.
Wir sammeln derweil lieber die Birnen auf, die von einem anderen Nachbargrundstück in unseren Garten fallen, und machen es uns anschließend mit einer Schüssel leckerem Birnenkompott vor dem Fernseher gemütlich. In der Kiste mit den Videos findet sich sicher noch eine Kopie von „Grumpy Old Men“.
Besser ist es sicherlich immer, über eventuelle Probleme miteinander zu reden und gemeinsam versucht, eine Lösung zu finden, die beide Parteien zufriedenstellt. Leider ist dies nicht immer möglich (s.o.), sodass es immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen zwischen Nachbarn wegen Bäumen an der Grundstücksgrenze kommt. Die rechtliche Situation in Deutschland ist folgende:
- Überhängende Zweige dürfen abgeschnitten werden, wenn sie eine Beeinträchtigung der Grundstücksnutzung darstellen. Allerdings nur bis exakt zur Grundstücksgrenze und nur die Äste, nicht der Baum. Bevor man selbst zur Säge greift, sollte dem Besitzer des Baumes jedoch eine angemessenen Frist gegeben werden, um die Äste selbst zu entfernen. Ab einer bestimmten Größe ist jedoch auch das Beschneiden durch die Baumschutzverordnung eingeschränkt. Infos dazu gibt es bei der jeweiligen örtlichen Gemeinde.
- Das Gleiche gilt für Baumwurzeln.
- Früchte, die am Baum hängen, gehören dem Besitzer des Baums. Das bedeutet, dass auch auf das Grundstück des Nachbarn wachsende Früchte von diesem nicht gepflückt werden dürfen. Wenn sie jedoch herunterfallen, gehören sie dem Eigentümer des Grundstücks, auf dem sie liegen. Das heißt, er darf sie behalten, umgekehrt bedeutet es aber auch, dass er sie nicht einfach zurück über den Zaun werfen darf, denn es sind ja seine. Der Besitzer des Baumes darf zum Pflücken der Früchte über die Grundstücksgrenze hinüberlangen, jedoch das Grundstück des Nachbarn nicht ohne dessen Genehmigung betreten, auch nicht, um Fallobst aufzusammeln.
- Herunterfallendes Laub ist, jedenfalls in „normalen“ Mengen, wie sie in Gärten anfallen, hinzunehmen. Anspruch auf Entschädigung entsteht nur bei einer ortsunüblichen Nutzung des Nachbargrundstücks (z.B. eine Baumschule) und damit verbunden ein erheblicher Reinigungsaufwand entsteht.
- Für Sturmschäden durch einen Baum haftet dessen Besitzer nur, wenn der Baum erkennbar krank oder instabil war. Deshalb sollten Baumbesitzer ihre Bäume regelmäßig kontrollieren.