Ich muss es gestehen: Obwohl ich in diesem Blog regelmäßig ebenso auf die Vorteile eines naturnahen Gartens hinweise wie darauf, dass es wichtig ist, auch weniger beliebten Pflanzen und Krabbeltieren ein Zuhause zu bieten, da ohne sie weder Schmetterlinge noch Vögel oder Igel zu Besuch kommen, habe ich bisher ein wichtiges Mitglied vergessen: den Wurm.
Dabei sind die Wenigborster (so ihr Ordnungs-Name) im Gartenuniversum unverzichtbar. Sie mampfen sich durch altes Laub und andere Überbleibsel, verwandeln es in wertvollen Humus und beseitigen nebenbei noch unsere organischen Abfälle im Komposthaufen. Die von ihnen gegrabenen Löcher und Gänge sorgen für die Bodendurchlüftung und sie halten die Erde locker, was die Wurzeln der Pflanzen leichter wachsen lässt und für bessere Wasserzufuhr sorgt. Und natürlich stehen sie für Amseln, Stare, Möwen, Igel und Frösche ganz oben auf der Speisekarte. Durch ihre Grabeaktivitäten und den ausgeschiedenen Kot tragen sie wesentlich zur Durchmischung des Bodens bei. Kurz: Ein naturnaher Garten ist ohne Würmer fast nicht denkbar.
Anders als die Schweiz, wo der Regenwurm im letzten Jahr zum Tier des Jahres erklärt wurde, oder die Färöer-Inseln, die dem Regenwurm bereits 1991 eine Briefmarke widmeten, habe ich mich bisher weitgehend ignorant gegenüber der Wichtigkeit der beinlosen Krabbler gezeigt. Was sich auch an der Tatsache zeigt, dass für mich bisher alle Würmer im Garten Regenwürmer waren. Wobei ich davon ausging, dass die Regenwürmer Regenwürmer heißen, weil sie bei Regen an die Oberfläche kommen. Was, wie ich nun gelernt habe, ebenfalls Quatsch ist.
Zum ersten Mal stutzig wurde ich, als ich dem Schwiegervater von den Unmengen an Würmern in unserem Garten erzählte. Als er fragte, um welche Würmer genau es sich handle, muss ich ziemlich verständnislos dreingeschaut haben. "Na, ein Regenwurm eben", sagte ich, wobei hier schon die erste Ver(w)irrung zum Vorschein kam - Regenwurm heißt auf englisch nicht rain worm, sondern earth worm, also Erdwurm. Der Mann sprang helfend ein und beantwortete die Nachfrage, ob es sich um Kompostwürmer, Tauwürmer oder Wiesenwürmer handle, ohne Zögern - ein weiterer Hinweis auf meine Wissenslücke.
Also habe ich mich darangemacht, meine Unkenntnis zu beseitigen. Und bin auf interessante Informationen gestoßen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte. Zum Beispiel, dass es allein in Deutschland 39 verschiedene Arten von Regenwürmern gibt, in Europa gar 400. Oder dass die Regenwürmer vermutlich nicht deshalb bei Regen aus dem Boden kriechen, weil sie sonst in ihren Gängen ersaufen würden, sondern weil das Regentrommeln dem Grabegeräusch von Maulwürfen - des Wurmes größtem Feind - ähnelt und die Würmer diesem zu entkommen versuchen. Und auch die Sache mit dem in zwei Teile geschnittenen Regenwurm, der fortan als zwei Würmer weiterlebt, ist so nicht richtig: Zwar besitzen die Würmer erstaunliche Regenerationsfähigkeiten, aber es kann immer nur ein Teil überleben, und zwar der vordere. Und auch das nur, wenn die lebenswichtigen Organe in der Köpermitte nicht durchtrennt wurden. Dafür kann aber ein Regenwurm, der zum Beispiel von einem Maulwurf attackiert wird, diesem sein hinteres Ende zum Fraß vorwerfen, indem er dieses selbst abschnürt und dann das wichtigere vordere Ende in Sicherheit bringt.
Es sind also durchaus faszinierende Geschöpfe, diese Regen-, Erd- und Sonstwas-Würmer, und sie verdienen etwas mehr Aufmerksamkeit. Aber ich gebe zu: unterscheiden kann ich sie immer noch nicht.
Ein Regenwurm ist kein Regenwurm ist ein Regenwurm
Ein Regenwurm ist kein Regenwurm ist ein Regenwurm
Weitere Blogeinträge
weitere Blogs
Für diesen Blogbeitrag habe ich ein Interview mit Lol aus Mainz geführt. Lol ist christlich, gläubig und non-binär. Nicht für alle christlichen Kreise passt das gut zusammen.
Von Zeit zu Zeit die Welt beobachten. Heute: mein Glaube in diesem November
In Kassel war der Weihnachtsbaum zu dick für den Transport