Wer zu spät kommt, den bestraft der Frühling. Aber noch ist ja zum Glück noch Zeit, Blumenzwiebeln auszubringen, auch wenn Sie den International Tulip Guerilla Gardening Day 2011 am 9. Oktober verpasst haben sollten. An diesem Tag (gern aber auch noch jetzt) waren Hobbygärtner und Blumenfans in aller Welt aufgerufen, der Tristesse in Fußgängerzonen, auf Verkehrsinseln und brachliegenden Flächen mit Tulpenzwiebeln ein Ende zu bereiten. Massenhaft sollen sie gesetzt werden, um dann im Frühling für Farbe an unerwarteten Orten zu sorgen.
Guerilla Gardening ist seit einiger Zeit mächtig beliebt in Deutschland. Von der Süddeutschen bis Spiegel Online, vom Pflasterstrand bis zur Welt wurde über bereits über nächtliche Pflanzaktivitäten in den Großstädten berichtet. In Großbritannien, dem Heimatland der Hobbygärtner, hat das konspirative Ausbringen von Samen und Zwiebeln jedoch schon eine längere Tradition. Am 1. Mai 2000 besetzten Tausende Menschen den Parliaments Square im Herzen Londons und pflanzten Blumen und Gemüse. Parolen wie "Widerstand ist fruchtbar"und "Lasst London sprießen"wurden verkündet und der Winston-Churchill-Statue auf dem Platz ein Irokesenschnitt aus Gras verpasst.
Guerilla Gardening möchte Beton, Asphalt und Monokulturen auf diese Weise den Kampf ansagen. Was ja an sich begrüßenswert ist, auch wenn ich den Begriff "Guerilla"in diesem Zusammenhang für etwas überzogen halte. Allerdings ist das unbefugte Ausbringen von Sämereien auf Boden, der einem nicht gehört, in der Tat strafbar. Wer sich den Untergrundkämpfern trotzdem anschließen möchte, sollte sich beeilen, um noch rechtzeitig vor dem Winter die Saat für den nächsten Frühling auszubringen. Es müssen ja nicht immer Tulpen sein. Und einen "internationalen Tag"braucht ein subversiver Kämpfer auch nicht wirklich.
P.S.: Hier noch ein erhobener Zeigefinger für potenzielle Untergrundgärtner: Es sollte nicht zwischen gutem und schlechtem Grün unterschieden werden. Sonst geschieht, wovon Kate Bradbury in ihrem Blog berichtet: Gutmeinende Guerilla Gardener haben bei ihr um die Ecke in Hackney den seit Langem in einem gammeligen Blumentrog wachsenden Efeu herausgerissen, weil sie wohl der Meinung waren, dass Tulpen schöner seien als das Immergrün. Leider haben sie nicht daran gedacht, dass Efeu gerade um diese Jahreszeit für Käfer, Bienen und Vögel ein wichtiger Lebensraum und Nahrungsspender ist. Und so endeten die auf den Blättern befindlichen Marienkäfer, Spinnen und Schmetterlingspuppen auf der örtlichen Müllkippe, nachdem die Straßenkehrer das vermeintliche Unkraut aufgesammelt hatten. Nicht grade naturfreundlich. Wie eigentlich fast immer gilt also: Erst denken, dann handeln.