"Ja, die Moni hat durchgehalten"

Monika Grimm aus Petersaurach spielt aus Solidarität Trompete
© epd-bild/Jutta Olschewski
Monika Grimm (li.) hat die Idee des Balkonsingens als Zeichen der Solidarität, die in Italien zu Beginn der Corona-Pandemie aufkam, aufgegriffen und gibt seither jeden Abend ein Konzert auf dem Parkplatz.
"Ja, die Moni hat durchgehalten"
Kirchenmusikerin spielt in der Pandemie jeden Abend Trompete
Viele erinnern sich: Das Balkonsingen war zu Beginn der Pandemie ein Zeichen der Solidarität. Die Musik wollte Mut machen. Eine Trompeterin im Fränkischen gibt seither jeden Abend ein Konzert.
18.06.2021
epd
Jutta Olschewski

In vielen Familien hat die Corona-Pandemie das Leben verändert. Auch bei den Grimms in Petersaurach (Landkreis Ansbach). Seit fast 15 Monaten ist ein täglicher fixer Termin dazugekommen. Mutter Monika Grimm packt jeden Abend - bei Wind und Wetter - abends um sieben Uhr ihren Trompetenkoffer und eine große Tasche mit Noten und begibt sich außer Haus. Weit geht sie nicht, nur über die Straße auf einen Parkplatz, stellt dort ihren Notenständer auf und beginnt zu blasen.

Monika Grimm liebt die Musik. Zwar ist sie als Trompeterin eine „Spätberufene“, aber Gitarre, Flöte und das Chorsingen waren ihr immer schon wichtig, erzählt Ehemann Peter. Als die Proben und Auftritte in der Corona-Pandemie wegen des Infektionsschutzes nicht mehr erlaubt waren, war es für die gelernte Hauswirtschaftsmeisterin schlimm, fürs Üben kein Ziel vor Augen zu haben. Dann sahen die Grimms das Balkonsingen in Italien gegen die Isolation im Fernsehen und hörten von einem Aufruf des Posaunenchorverbands zum Balkonblasen. Also nahm Monika Grimm ihr Instrument, öffnete das Fenster und stimmte das Lied 488 aus dem Gesangbuch an: „Bleib bei uns Herr“ und noch das Lied „Kommt, atmet auf“.

"Balkonblasen" als tägliches Stand- und Wunschkonzert

Inzwischen ist aus dem „Balkonblasen“ ein tägliches Stand- und Wunschkonzert geworden. Gerade die Kinder im Ort freuen sich, wenn sie sich ihre „Hits“ „Gras und Ufer“ oder „Der Mond ist aufgegangen“ wünschen dürfen, dazu tanzen und inzwischen auswendig die Texte mitsingen können. Die zwölfjährige Asawer, die trotz ihres Gipsarms fröhlich herumhüpft, ruft: „Wir vergessen sie nie.“

Weit geht sie nicht, nur über die Straße auf einen Parkplatz, stellt dort ihren Notenständer auf und beginnt zu blasen.

Oft wird Monika Grimm von einer zweiten Bläserin begleitet. An diesem Abend ist Claudia Schröder mit ihrem Horn gekommen. „Ja, die Moni hat durchgehalten“, stellt sie fest. „Mir ist wichtig, der Ton geht in die Welt hinaus“, erklärt Trompeterin Grimm. Das abendliche Ständchen sei auch ein Dank, sagt sie, von schwerwiegenden Folgen der Krankheit verschont geblieben zu sein. Die gläubige Christin sagt, mit ihrer Musik könne sie mit Herzen, Mund und Händen loben. „Ich möchte weitergeben, Gott ist trotzdem da, auch in schwierigen Zeiten“.

Vorbeifahrende Autos hupen

Sie weiß, dass es auch manchmal Menschen im Ort gibt, die ihre Musik nicht genießen. „Es gab auch schon Beschwerden von Leuten, die sagten, das sei nicht so schön“. Andere Bläser, die in anderen Ecken von Petersaurach ihr Balkonblasen anstimmten, haben sich von solcher Kritik vom Musizieren abbringen lassen. Nicht so Monika Grimm. Sie hat auch nicht aufgehört, als Vikarin Christina Geißelsöder einmal klagte: „Weißt du, mit deiner Musik erinnerst du mich jeden Tag wieder an die Pandemie“. Inzwischen aber gefällt ihr, was Monika Grimm tut, sagt die junge Theologin.

Also steht Grimm auch an diesem späten Frühlingstag wieder an ihrem Notenpult auf dem Parkplatz und bläst. Ein schwerer Traktor fährt die Hauptstraße entlang und übertönt sie fast. Der Landwirt winkt freundlich und ein wenig schuldbewusst. „Autos fahren vorbei und hupen, es kommen Leute, die lächeln, die klatschen, die über WhatsApp schreiben, 'Mensch hast du ein Durchhaltevermögen'. Das motiviert mich“, erzählt Grimm.

Und wer sie noch motiviert, das ist ihr Peter. Wenn die Trompeterin einmal keine so rechte Lust zum Spielen verspürt, treibt ihr Mann sie an: „Vier Minuten vor sieben, drei Minuten vor sieben, zwei Minuten vor sieben“. Warum er das macht? „Ich merke, dass es ihr etwas gibt. Und wenn die Leute darauf warten und sie kommt nicht, sind sie vielleicht enttäuscht“.