Ohne Bezug auf die Religion verpasse man eine wichtige Möglichkeit, Kindern und Jugendlichen die Menschenwürde plausibel zu machen und zu begründen, sagte Schweitzer. Allerdings sei die christliche Begründung der Menschenwürde durch die Gottesebenbildlichkeit eine Sicht, die nicht alle Menschen teilten. Deshalb könne sie auch nicht als exklusive Begründung herhalten. Umso wichtiger sei, dass man im Religionsunterricht auch lerne, mit Pluralität umzugehen und mit religiös oder säkular anderen Begründungen der Menschenrechte, sagte der evangelische Religionspädagoge.
Außerdem müsse jungen Menschen im Unterricht der lange, geschichtliche Weg der Kirchen bis zur Anerkennung der Menschenrechte vermittelt werden, erklärte er. So werde ihnen klar, dass Menschenrechte nichts Selbstverständliches seien. Auch müsse überlegt werden, wie mit religiöser und religiös motivierter Diskriminierung umgegangen werden könne, da antiislamische und antisemitische Gesinnungen weit in der Gesellschaft aber auch Kirche verbreitet seien.
Dies zeige auch die aktuelle, repräsentative Studie "Jugend-Glaube-Religion" unter 16- bis 18-Jährigen Religions- und Ethikschülern in Baden-Württemberg. Dort hätten ein Viertel der Befragten der Aussage zugestimmt, dass es zu viele Muslime in Deutschland gebe. Durch diese Haltung existiere von Vorneherein ein Klima der Ablehnung, betonte Schweitzer. Sechs Prozent stimmten zudem der Studie zufolge der Aussage zu, dass es zu viele Juden in Deutschland gibt, was eine ebenfalls kritische Zahl sei.
Deshalb sei es dringend notwendig zu erforschen, wie im Unterricht effektiv etwas gegen Antisemitismus getan werden könne. Es brauche neue Ansätze in der Pädagogik, da eine Thematisierung von Antisemitismus im Unterricht oft nichts bringe oder teilweise sogar das Gegenteil bewirke, sagte Schweitzer.